Wohnungsbewirtschaftung

Die Einflußnahme des Staates auf die Wohnraumbewirtschaftung erfolgte erstmalig nach dem Weltkrieg 1914/18. Der damalige Wohnungsmangel in Bochum konnte schon in verhältnismäßig kurzer Zeit beseitigt werden. Nach rd. 8 Jahren schlössen sich die Pforten des Wohnungsamtes.
Den ersten neuen, noch recht erträglichen Eingriff in die Verteilung des Wohnraumes brachte das Jahr 1939. Mit der Verordnung des Preiskommissars vom 20.4.1939 wurden die mit der Preisbildung bei Mieten beauftragten Behörden ermächtigt zu bestimmen, daß die Vermieter eine angemessene Zahl von Wohnungen bei Freiwerden an kinderreiche Familien zu vermieten hatten, wobei jedoch dem Vermieter die Auswahl überlassen blieb. Stärkere Formen nahm die Raumbewirtschaftung während des zweiten Weltkrieges an. Doch zunächst ein Blick in die Wohnungsverhältnisse kurz vor Ausbruch dieses Krieges.

Den am 1.9.1939 in Bochum wohnenden 305485 Einwohnern standen 92100 Wohnungseinheiten mit rd. 350000 Wohnräumen und einer Nutzungsfläche von 4420000 qm zur Verfügung. Auf den Kopf der Bevölkerung entfielen demnach 14,5 qm Nutzungsfläche. Allerdings konnte dieser Bestand in der ersten Zeit des Krieges durch die zum Teil noch funktionierende Bauwirtschaft um 390 Häuser mit 1569 Wohnungen vermehrt werden, so daß vor dem ersten Luftangriff insgesamt 24 627 Wohnhäuser mit 93 669 Wohnungen vorhanden waren.

In dem neuen Kriege war damit zu rechnen, daß auch die Heimat Kriegsschauplatz werden würde. Vorsorgliche Maßnahmen waren daher geboten. Es erging deshalb eine Ermächtigungsverordnung vom  5.10.1942 an den Reichsarbeitsminister zum Erlaß von Vorschriften über die Vermietung freiwerdender Räume. Die daraufhin erlassene Ausführungsverordnung vom 9.10.1942 ermächtigte die Gemeinden zu örtlichen Anordnungen in Anlehnung an ein mit der Verordnung verkündetes Muster. Hiernach waren Häuser mit 3 oder mehr Wohnungen zu erfassen. Von der Festsetzung eines Zwangsmietvertrages wurde zunächst noch abgesehen. Immerhin war mit diesen Maßnahmen, zu denen noch die Verordnung vom  14.8.1942 über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum hinzutrat, dem Wohnungsmarkt die erste Fessel wieder angelegt.

Die Durchführung in der Stadt Bochum wurde nach den Verfügungen des Oberbürgermeisters vom 23. und 30.10.1942 der zum Baudezernat gehörigen Siedlungsabteilung als zusätzliches Aufgabengebiet übertragen. In den Händen dieser Abteilung lagen schon früher die Maßnahmen über die Bewirtschaftung der Mittel aus dem Hauszinssteueraufkommen. Während aber das bisherige Tätigkeitsgebiet durch den Krieg einschrumpfte, gewann das neue der Wohnraumbewirtschaftung an Ausdehnung.

Im weiteren Verlauf des Krieges stellte sich die Notwendigkeit der Lenkung des Wohnraumes immer mehr heraus. Zu den bisher erlassenenen Vorschriften trat die Wohnraumlenkungsverordnung vom 27. 2. 1943. Sie ermächtigte die Gemeinden zur Vornahme baulicher Maßnahmen — Instandsetzungen, Ausbauten, Wohnungsteilungen —, um durch sie den vorhandenen Raum zu erhalten oder zu vermehren. Zweckentfremdeter Wohnraum konnte der ursprünglichen Bestimmung wieder zugeführt werden. Freier und neugewonnener Wohnraum war zu erfassen und, soweit es sich nicht um Werkswohnungen handelte, besonders begünstigten Personenkreisen zu überlassen. Die Festsetzung eines Zwangsmietvertrags durch die Gemeinde war vorgesehen. Eine besondere Meldepflicht sollte der Erfassung von Doppelwohnungen dienen. Gemeinden mit besonders großer Wohnungsnot konnten zur Abwehr ungeregelten Zuzugs zu Brennpunkten des Wohnungsbedarfs erklärt werden.

Am 21.6.1943 folgte dann die Verordnung zur Wohnraumversorgung der luftkriegsbetroffenen Bevölkerung. Sie dehnte den Kreis der erfaßbaren Wohnungen insbesondere auf unterbelegten Wohnraum aus und ordnete dessen Zuteilung an die Personen an, die durch den Bombenkrieg ihr Heim verloren hatten. Damit war der Kreis der wohnungspolitischen Maßnahmen geschlossen. Für eine Betätigung des freien Wohnungsmarktes war nun kein Raum mehr. Die Geburtsstunde des zweiten Bochumer Wohnungsamtes nach 1918 hatte geschlagen.

Die Verwaltung traf Vorbereitungen, um den zu erwartenden Anforderungen, die zunächst in Maßnahmen für die Unterbringung der Bevölkerung bei Eintritt eines Luftkriegsschadens bestanden, gerecht zu werden. Entsprechend diesem neuen Aufgabengebiet entstand aus der damaligen Siedlungsabteilung zu Anfang des Jahres 1943 das Wohnungs- und Siedlungsamt.

Am 13. 5. 1943 erfolgte der erste schwere Luftangriff auf das Stadtgebiet. Im Mittelpunkt der Maßnahmen der Verwaltung stand die Fürsorge für die luftkriegsbetroffenen Personen und ihre wohnungs- oder quartiermäßige Unterbringung. Das zunächst hierbei eingeschaltete Quartieramt als sachbearbeitende Stelle des Polizeiamtes wurde, schon um dem Eindruck einer rein polizeimäßigen Fürsorge für die Unterbringung von Obdachlosen zu begegnen, mit dem Wohnungs- und Siedlungsamt vereinigt.
Die wohnungslosen Personen fanden in der Regel Aufnahme bei Bekannten und Verwandten oder suchten sich selbst ein anderweitiges Unterkommen. Die Einweisung in diese Unterkünfte geschah meistens mittels sogenannter Quartierscheine.
Der nächste große Angriff zu Pfingsten 1943, der hauptsächlich Schäden im Stadtkern verursachte, veranlaßte die Verwaltung zu Umquartie-rungsmaßnahmen, in die vor allem die Schuljugend, Mütter mit Kleinkindern und alte und gebrechliche Personen einbezogen wurden. Ein anderer Teil der Einwohner hatte seine Familienangehörigen schon früher in weniger luftgefährdeten Gebieten untergebracht. Die Bochumer Schulen wurden nach Pommern evakuiert. Im Luftkriegsgebiet Bochum selbst blieben - mit einigen Ausnahmen - nur solche Personen, die durch kriegswichtige Arbeit am Orte gebunden waren, und deren Angehörige, soweit sie unentbehrlich zu sein glaubten oder zum Verlassen ihrer engeren Heimat trotz der Gefahren nicht zu bewegen waren.
Die Evakuierungen und zum Teil auch die Verlagerungen wichtiger Industriezweige in geschütztere Gegenden hatten wenigstens ein Gutes im Gefolge; sie hinterließen eine genügende Ausweichmöglichkeit an Wohnraum für die am Orte Verbliebenen.

Aber auch dieser Notzustand war nicht von allzu langer Dauer. Der stärkste Luftangriff am 4.11.1944 machte jede Hoffnung auf die Bewältigung des Wohnungsproblems im Bochumer Lebensraum vollends zunichte, trotz der Massenflucht, die jetzt aus Bochum einsetzte. Dafür waren die Schäden zu groß. Bochums Einwohnerzahl sank auf rd. 160 000. Die Arbeit des Wohnungs- und Siedlungsamts  nahm unvorstellbar zu. Sein Personalbestand setzte sich zum größten Teil aus ungeschulten Kräften zusammen, die, zumeist selbst von Bombenschäden betroffen, mit unzureichenden Mitteln in halbzerstörten Büroräumen in ständiger Erwartung weiterer Schadensereignisse ihre Aufgaben zu meistern versuchten. Trotzdem hat es mit seinen Fach- und Hilfskräften (Lehrpersonen, Schauspielkräften und Angehörigen anderer Berufe) alles nur Menschenmögliche getan, um die Sorgen der Wohnraumbedürftigen zu beheben.
Der Zustand wurde noch bedrohlicher, als gegen Ende des Krieges die Rückströme der in die östlichen Gebiete umquartierten Bochumer Familien einsetzten. Für sie war eine wohnungsmäßige Lenkung weder vorgesehen noch möglich. Unerfreuliche Zustände ergaben sich bei der Unterbringung der zurückgekehrten Familien, deren Wohnungen, soweit sie überhaupt noch vorhanden waren, von anderen Personen, die ihren Wohnraum verloren hatten, besetzt waren. Außerdem befanden sich unter den zurückkehrenden Bochumern auch O s t -flüchtlinge, die nie mit dem Westen Kontakt gehabt hatten. Es mußte etwas geschehen, um diesen Strom abzuleiten.

Durch eine Polizeiverordnung vom 4.1.1945 wurde der Zuzug nach Bochum allgemein verboten. Aus dem Inhalt dieser Verordnung ist besonders erwähnenswert, daß auch der Zuzug nach Bochum über den Weg der Verwandtenhilfe nicht mehr gestattet war. Auch nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen im April 1945 wurde nochmal in einer öffentlichen Bekanntmachung vom 3. 6. 1945 in Anbetracht des großen Wohnraummangels vor dem Zuzug nach Bochum gewarnt. Trotzdem ließ der Zustrom nicht nach. Im 1. Vierteljahr nach der Besetzung sind rd. 27 000 Bochumer Einwohner zurückgekehrt. Das entspricht einer wöchentlichen Bevölkerungszunahme von rd. 2250 Personen. Diese Zahlen vermitteln in etwa einen Einblick in die umfangreiche Arbeitsleistung des Wohnungs- und Siedlungsamtes. Jetzt begann praktisch die Arbeit der Verteilung von Wohnräumen nach der Teilung von Wohnungseinheiten.

Zur Vermeidung der unübersehbaren Folgen des ständigen Ansteigens der Bevölkerungsziffer mußte nicht nur der Zuzug noch mehr gedrosselt, sondern auch gleichzeitig nach einer Möglichkeit gesucht werden, die Spannung zwischen den Luftkriegsbetroffenen und Nichtbetroffenen, den Wohnberechtigten und Nichtberechtigten auszugleichen.

Zunächst wurden mit Hilfe der Militärregierung auf freiwilliger Basis Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet. Bis Ende des Jahres 1945 konnten 138 Familien mit 482 Personen im Landkreis Iserlohn untergebracht werden. Weiter wurde im Einvernehmen mit dem Regierungspräsidenten in Arnsberg durch Verhandlungen mit den Landräten der Kreise Soest und Ennepe-Ruhr erreicht, daß 610 der Stadt Bochum zugedachte Flüchtlinge in Wohngemeinden dieser Kreise unterkamen. Diese Maßnahmen brachten zwar eine kleine Entspannung der Lage, aber keine Lösung des Wohnungsproblems. Es mußte Durchgreifenderes geschehen; es mußte in die noch vorhandene Wohnungssubstanz eingegriffen werden.

Um zu erfahren, welcher wohnraummäßige Bestand noch vorhanden war, wurde im Juli 1945 durch die bisher in der Kriegsschädenbeseitigung tätig gewesenen Bezirksarchitekten eine Aufnahme durchgeführt. Das Ergebnis stellte sich auf 9000 Gebäude oder 25000 Wohnungen oder 80000 teils beschädigte, aber benutzbare Wohnräume mit einer Gesamtnutzungsfläche von etwa 960000 qm. In diesen Bestand hatte sich die zu dieser Zeit bereits wieder auf 170000 Personen gestiegene Bevölkerung zu teilen. Damit erwies sich aufs neue mit krasser Deutlichkeit der Zwang zu einer scharfen und gleichzeitig sinnvollen Bewirtschaftung des Wohnraumes. Es erwies sich aber auch, daß die bisher vorhandenen Rechtsgrundlagen nicht mehr ausreichten. Sie waren auf den Krieg abgestellt und trugen schon deshalb den Stempel der Vorläufigkeit.

Die ersten neuen Maßnahmen lagen auf organisatorischem Gebiet. Die Militärregierung ordnete nämlich unter dem 30.6.1945 die Bildung eines Wohnungsausschusses an, der dem Wohnungsamt in allen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Seite stehen sollte. Seine 5 Mitglieder - Angehörige verschiedener Berufsstände und gleichzeitig Vertreter der größten Parteien - waren:


Wilhelm Herchenröder als Vertreter der Mieter und der freien Wohlfahrtspflege   (SPD),
L. Buderus, Architekt,
Frau Wilhelmine  Schefer als Vertreterin der Flüchtlinge (KPD),
Tilmann Beckers, Miethausbesitzer, Vertreter der Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (CDU),
Wilhelm Wahmann, Baugewerbetreibender, als Vertreter der freien Berufe.
 

Am 16.10.1945 entstand das neue Wohnungsamt als selbständige Dienststelle. Das frühere Wohnungs- und Siedlungsamt blieb fortan als zum Dezernat der Bauverwaltung gehörige Siedlungsabteilung nur noch für Siedlungsangelegenheiten zuständig. Da gerade die organisatorische Entwicklung berührt wird, seien auch die Veränderungen aufgezeigt, die sich im weiteren Ablauf der Berichtszeit ergaben. Nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 18 vom 8. 3. 1946 mußte ein Wohnungsausschuß gebildet werden. Nun war ja an sich ein solcher Ausschuß schon vorhanden. Zweckmäßig erschien jedoch seine Fundierung auf parlamentarischer Basis. So wurde denn von der Stadtvertretung am 30. 10. 1946 ein neuer Wohnungsausschuß gewählt, dem folgende Stadtverordnete angehörten:

1. Stadtverordneter Josef Rohde, CDU, als Vorsitzender,
2. Anton Gajewski, CDU,
3. Paul Gollub, SPD,
4. Wilhelm Horst, SPD,
5. Konrad Frielinghaus, KPD.
 

Nach einem Beschluß des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 11.12.1946 wurden außerdem 11 Wohnungsunterausschüsse mit je 3 Mitgliedern gebildet, und zwar je einer für die 11 Bezirke, in die das gesamte Stadtgebiet eingeteilt ist. In ihnen werden Beschlüsse gefaßt über Wohnungsfragen, wie sie sich aus der Praxis ergeben. Sie leisten auch vorberatende und vorbereitende Arbeit für den oben erwähnten Wohnungsausschuß in Angelegenheiten von genereller Bedeutung. Vor allem erstrecken sich ihre Aufgaben auf die Festsetzung der Dringlichkeitsstufen, der Elendsfälle und die Wohnraumerfassung und -Zuteilung. Endlich ist noch ein zentraler Zuweisungsausschuß geschaffen, der sich aus je einem Vertreter der 11 Unterausschüsse und aus einem Mitglied des Wohnungsausschusses als Vorsitzendem zusammensetzt. Die Vertreter der Unterausschüsse wie auch der Vorsitzende wechseln nach jeder Sitzung. In ihm wird, wie sein Name schon erkennen läßt, die Zuweisung der Wohnungen endgültig beschlossen.
Den Änderungen auf organisatorischem Gebiet folgten solche materiell-rechtlicher Art. Die erste Folge war zwar noch räumlich begrenzt, denn sie galt nur für die britische Besatzungszone; sie brachte aber doch schon eine größere Rechtssicherheit als bisher. Die britische Militärregierung erließ am 1. 12. 1945 die Verordnung Nr. 16. Sie stellte ein generelles Verbot des Wohnungswechsels auf, von dem es nur eng begrenzte Ausnahmen gab, die einer besonderen Genehmigung bedurften. Und diese sollte nur dann erteilt werden, wenn ein Wohnungswechsel unvermeidlich war, so vor allem für unentbehrliche Arbeitskräfte, entlassene Kriegsgefangene, ehemals Umquartierte nach Ausweisung aus ihren Gastzonen und für Ehefrauen mit Kindern bis zu 16 Jahren der hier beschäftigten Arbeiter, soweit Wohnraum zur Verfügung stand und die Beschäftigung des Ehemannes durch das Arbeitsamt nachgewiesen war.
Diese Regelung wurde für Bochum ergänzt durch den Beschluß des Wohnungsausschusses vom 17.12.1945, der zwei Jahre später — durch Beschluß vom 1.12.1947 — eine gewisse Erweiterung erfuhr. Er bildete fortan die Grundlage für die Erfassung des Wohnraums, der mit weniger als 1 ½ Personen belegt ist.

Die soeben erwähnte Verordnung Nr. 16 hatte den schon angedeuteten Nachteil, daß sie nur für die britische Zone galt. Sie hielt also den ungeregelten Zuzug insbesondere von Umquartierten aus der amerikanischen, französischen und russischen Zone nicht ab. Dieser Nachteil wurde behoben, als das Gesetz Nr. 18 des Alliierten Kontrollrats vom 8. 3. 1946 erlassen wurde, das nicht nur die Frage des Zuzugs für alle drei Besatzungszonen einheitlich regelte, sondern auch eine neue, umfassende Grundlage für die Wohnraumbewirtschaftung brachte.
über die Lage des Bochumer Wohnungsmarktes während der Berichtszeit ist in zusammenfassender Darstellung folgendes zu sagen.
Wie aus der nachstehenden Tabelle zu ersehen ist, entfielen in der Zeit vor dem Kriege auf den Bochumer Einwohner 14,46 qm Wohnraumfläche. Unmittelbar nach dem Kriege waren es nur noch 5,65 qm. In der Folgezeit nimmt die auf die Einzelperson entfallende Raumfläche ständig ab; mit dem Rückstrom der Bevölkerung und dem Zuwachs an Flüchtlingen hält die durch Materialverknappung, Transportschwierigkeiten und Arbeitermangel behinderte Erstellung neuen Wohnraums durch Instandsetzungen oder Neubauten nicht Schritt. Nimmt man an, daß der Bevölkerungszuwachs in der gleichen Weise anhält wie in den acht Monaten von Ende Juli 1947 bis Ende März 1948 (durchschnittlich l 452 Personen je Monat), so würde der ungefähre friedensmäßige Einwohnerstand (300 000 Seelen) Ende September 1950 erreicht sein. Geht man weiter davon aus, daß die zukünftige Gewinnung neuen Wohnraums den bisherigen Umfang (5 251 qm im Durchschnitt je Monat) beibehält, so wird bis Ende September 1950 die anteilmäßige Wohnraumfläche auf den Stand von 4,07 qm je Einwohner gesunken sein. Rechnet man von diesem Zeitpunkt an mit keiner weiteren Erhöhung der Einwohnerzahl, dann würde bei gleichbleibender Erstellung des Wohnraums der anteilmäßige Friedensstand der Wohnraumfläche — 14,5 qm je Einwohner — erst im Jahre 2000, also in 50 Jahren, erreicht werden. Nur eine vermehrte Bautätigkeit vermag die Wartezeit zu verkürzen. Im Zwischenstadium aber kann nur eine straffe Erfassung des etwa noch vorhandenen unterbelegten Wohnraums und eine starke Drosselung des Zuzugs das Wohnungselend mildern.

Unter Zugrundelegung des schon erwähnten Maßstabs der Belegung eines jeden Raums mit l 1/2 Personen konnte das Wohnungsamt bisher den Anforderungen in etwa genügen. Der Unterbringung der Bergbauangehörigen galt dabei besonderes Augenmerk, wie folgende Aufstellung zeigt, die die Berücksichtigung des Bergbaues bei der Zuteilung in der Zeit vom 1.1.1947 bis 31.3.1948 erkennen läßt:

Insgesamt
7868 Wohnungseinheiten         13400 Wohnräume  185497 m2 

davon Bergbau
1834 Wohnungseinheiten         3206 Wohnräume    43146 m2 


Demnach   sind 23 %  der   Wohnraumfläche Angehörigen des Bergbaues zugeteilt worden.
Immerhin bleibt bestehen, daß die Lage auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor ernst ist. Am Ende der Berichtszeit suchen 24 852 Menschen in Bochum eine Wohnung. Darunter befinden sich 2 106 Personen, die noch in Elendsquartieren wohnen, deren sich das Wohnungsamt deshalb auch in besonderer Weise annimmt. Eine gewisse Besserung der Lage dieser Ärmsten ist in den letzten drei Monaten schon erreicht worden; für 126 Personen konnten in dieser kurzen Zeit Zuweisungen erfolgen.


Die außerordentliche Raumnot im Stadtgebiet erforderte neben der Wohnraumbewirtschaftung auch eine planmäßige Lenkung des Bedarfs an gewerblichen Räumen. Seit Inangriffnahme dieser Sonderaufgabe am 15. 6.1943 konnten bis zum 31.3.1948   2073 Gewerbetreibenden Betriebsräume zugewiesen werden. 398 Fälle entfallen davon allein auf das letzte Rechnungsjahr.
Die Maßnahmen der Raumbewirtschaftung ziehen naturgemäß Einreden der Betroffenen nach sich. Durch Beschluß des Wohnungsausschusses vom 15. 4. 1946 wurde deshalb eine Schlichtungsstelle für Wohnungsstreitsachen errichtet. Sie bestand zunächst aus einer Kammer, mußte jedoch wegen der starken Zunahme der Einsprüche am 12. 5. 1947 um eine zweite und am 2.10.1947 um eine dritte Kammer vermehrt werden. Seit der Einrichtung der Schlichtungsstelle gingen bis zum
Ende der Berichtszeitl 080 Einsprüche
ein. Davon wurden erledigt
a)durch Beschluß         723 Fälle
b)durch Vergleich22 Fälle
c)auf andere Weise      186 = 931
Unerledigt waren demnach am 31.3.1948 noch 149 Fälle

In Verbindung mit der Verordnung Nr. 16 der Militärregierung hatte der Oberpräsident der Provinz Westfalen einen Erlaß vom 18.6.1946 herausgegeben, der sich mit dem Verfahren bei Räumungsurteilen der ordentlichen Gerichte befaßt. Auf Grund dieses Erlasses wurde mit dem hiesigen Gericht eine Vereinbarung dahin getroffen, daß das Amtsgericht erst dann eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt, wenn das Wohnungsamt Ersatzraum zur Verfügung gestellt hat. Es besteht nur dann Aussicht, daß ein Räumungsurteil vollstreckt wird, wenn
a)der Räumungsschuldner   aus   schwerwiegenden, wohnungspolitisch anzuerkennenden Gründen zur Räumung verurteilt ist und
b)der Räumungsgläubiger  oder der  in die Wohnung Einzuweisende entsprechend seiner Punktzahl  in   sachlicher   Beziehung   auf  Grund   des Wohnungsgesetzes für einen Wohnungswechsel in Betracht kommt,   insbesondere   zu dem  im Wohnungsgesetz bezeichneten bevorzugten Personenkreis gehört und entsprechend seiner Eintragung in die Kartei der Wohnungsuchenden zeitlich   gesehen  an  der  Reihe   ist,   und  wenn endlich
c)die Möglichkeit besteht,  eine dem Räumungsschuldner entsprechende Wohnung zuzuweisen


Quelle: Verwaltungsbericht der Stadt Bochum, 1938 - 1948, Papierwerk Bochum , Seite 91 - 96

 

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