Der Standort der Henrichshütte wurde zielgerichtet ausgesucht, wegen vorhandener Eisenerz - und Kohlevorkommen, wegen der vorhandenen Fläche und der  Ruhr zur Entnahme von Brauchwasser (Kühlwasser). Einer der interessanten Abbaustollen war der Stollen Neu-Hattingen. Schon beim Vortrieb stellte man Kohlevorkommen fest. Die Flöze Geitling 1, 2 und 3 wurden angetroffen und teilweise abgebaut. Um die Jahrhundertwende, bzw. kurz danach konnte  Kohle in größeren Mengen von den naheliegenden Bochumer Zechen eingesetzt werden, so daß sich der Abbau in Hattingen nicht mehr wirklich lohnte. Die ehemals regen Bergwerkstätigkeiten waren bis zum zweiten Weltkrieg fast in Vergessenheit geraten. Um 1942 mußte der Luftschutz verbessert werden und Bunker sollten aus Kosten - und Materialgründen keine neuen  mehr  gebaut werden. Deshalb wurde der Untergrund und die vorhandenen Grubenbaue wieder interessant - “man erinnerte sich wieder” an diese. Teile der Bergbaustollen wurden zu Luftschutzanlagen umgebaut, erweitert und verstärkt. Auch hierbei wurden Kohlevorkommen registriert. Als der Krieg endlich zu Ende war und die Alliierten die Befehlsgewalt übernommen hatten, lagen zunächst erst einmal alle Betriebe still und warteten darauf eine Produktionsgenehmigung zu erhalten. Nicht nur die Lebensmittelversorgung war in dieser Zeit wieder ein Problem, sondern auch die Kohleversorgung. Überall wo es möglich war wurde gekohlt, Klein - und Kleinstzechen entstanden um zumindest die heimischen Herde betreiben zu können. In diesem Zug wurde die Stollenbetriebsgemeinschaft Henrichshütte zur Selbstversorgung gegründet.  Nachfolgend ein Bericht und gleichzeitig ein Einblick in diese Zeit

 

Bericht
über die Gründung und den Ablauf der „ Stollenbetriebsgemeinschaft Henrichshütte "
in Hattingen

 

Anfang des Jahres 1946 war die Notlage nach dem verlorenen Krieg auf dem Kohlenmarkt so groß, daß auch der Betriebsrat der „Henrichshütte”  den Gedanken der Selbstversorgung aufgriff, als die Kleinzechen wie Pilze aus der Erde schossen..
Der damalige Betriebsratsvorsitzende Ernst Kersting, befaßte sich mit dieser Sache und man kam zu dem Entschluß, selbst eine Kleinzeche aufzumachen.
Es wurden Fachleute zur Rate gezogen, u.a. der Besitzer der Zeche Aurora den
Herr Eickmann, und die Suche nach einem Kohlevorkommen begann.
Ein alter Hüttenangehöriger Herr Eversberg, wußte, daß auf dem Hüttengelände
in der Nähe der Kokerei ein Kohlenflöz vorhanden war.
Die Aufschlüsse und Untersuchungen erwiesen die Richtigkeit.
Die nun einsetzenden Verhandlungen waren sehr umfangreich. Es müßte der Grubenfeldeseigentümer ermittelt werden und vieles andere mehr. Nach fast einem Jahr  war man dann  endlich soweit, daß  mit der „ G.B.A.G." ein Pachtvertrag abgeschlossen wurde.
(„G. B. A. G." - „ Gelsenkirchener Bergwerks - Aktien Gesellschaft „ )
In der Zwischenzeit wurde der Steiger Karl Landmeyer von der Zeche „ Aurora”
übernommen.
Die Schürfarbeiten begannen am 4. November 1946
Da für das notwendige Material und für die Bezahlung   der Leute auch  Kapital
vorhanden sein mußte, wurde die Firma gegründet, und zwar in der Weise, daß die
ca. 3 000 Mann Belegschaft der Henrichshütte durch eine einmalige Zahlung von
RM 5.- = RM 15 000  das Stammkapital aufbrachte.
Die Firma erhielt den Namen:
                           „Stollengemeinschaft Henrichshütte"
Für die Erledigung der kaufmännischen Verwaltungsarbeiten wurde Hugo Sonnenschein von der Werksleitung freigestellt.
Sinn und Zweck dieser Kleinzeche war den Hüttenangehörigen eine billige Hausbrandkohle zu liefern, ebenso den Invaliden.

 
Von den Hüttenangehörigen, tatkräftige Leute, meldeten sich einige zu unserem
Bergbau und die Schürfarbeiten wurden aufgenommen, das Stollenmundstück
wurde fertiggestellt und der Bremsberg abgeteuft.
Die  ersten  Querschläge  wurden  aufgefahren,  bzw.   die   Örter  und  Strecken
ausgesetzt.
Die anfallende Kohle wurde den Hüttenangehörigen als Hausbrand geliefert.
Bei der Gewinnung der Kohle trafen viele Störungen auf, u.a. gab es einen Wassereinbruch, der nur unter großen Anstregungen beseitigt werden konnte. Der Umfang des Betriebes und die Förderung wurden größer, so daß auch Kohlen für die Kokerei und Kesselhaus geliefert wurden.
Finanziell war die Entwicklung auch gut.
Am 1.Mai 1949 wurde an jedes Belegschaftsmitglied der Henrichshütte einen Betrag von DM 3,15 ausgezahlt, um die Gewerkschaft bei der I. Mai - Feier im Hattinger - Zeltbau zu unterstützen.
Die Verhältnisse des Kohlenvorkommens einerseits und die Wiederinbetriebnahme
des Hochofens andererseits hätten es eigentlich notwendig gemacht, den Stollen zu
schließen.
Da aber die Lage auf dem Kohlenmarkt nach wie vor schlecht war, wurde am
ehemaligen Kasinogelände ein neuer Stollen in Angriff genommen.
Die Voraussetzung dazu war die gute finanzielle Lage des Betriebes.
Der Betriebsrat der Henrichshütte hatte inzwischen einen Beirat gewählt, der mit
der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt wurde.
Als erster Vorsitzender wurde Herr Schweres gewählt.
Ferner gehörten den Beirat die Betriebsratsmitglieder  Deus, Hemb , Heyer und
Rutlich an.
Bei einer Beiratssitzung im Januar 1950 wurde festgestellt, daß größere Außenstände für an Fremde gelieferten Kohlen vorhanden waren (DM 42 000 )
Die Ermittlungen  ergaben,   daß  Herr  Sonnenschein   dem  damals  noch  als
Vermittler von der Vor- Währungszeit   tätigen Karl Gernhardt   fahrlässig   zu
großes Vertrauen geschenkt hatte.
Die von Gernhardt kassierten Gelder für Kohlenlieferungen wurden nur zum Teil
beim Stollen abgerechnet.
Durch diese Vorkommnisse sah sich der Beirat gezwungen, Herrn Sonnenschein
die Geschäftsfiihrerbefugnisse sofort zu entziehen und den Arbeitsplatz neu zu
besetzen.
Der Fall Gernhardt wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.
Gernhardt gab die Schuld zu und leistete einen Offenbarungseid.

Die Bemühungen des Beirates fiir die Geschäftsführung einen anderen Angestellten
von der Hütte zu finden, waren ohne Erfolg.
Im März 1950 wurde  Herr Matthes als kaufmännischer Angestellte vom Stollen
eingestellt.
Für die Geschäftsführung wurden die beiden Herren Kersting und Matthes
gemeinsam bestellt.
Zu diesem Zeitpunkt war ein Guthaben von   15 181,94 DM vorhanden,
dem Verbindlichkeiten in Höhe von   36 236,17 DM   gegenüberstanden.
Da es zum Sommer ging und Hausbrandkohle nicht sehr gefragt wurde waren viele Überlegungen notwendig, um aus diesem Minus von   21 054,23 herauszukommen Die Hütte selbst nahm auch die Kohlen zu dieser Zeit nicht mehr ab. Es lagen bereits Kohlen auf Halde und neue Abnehmer mußten gefunden werden. Herr Matthes gelang es in kurzer Zeit Abnehmer zu finden.
Durch die Verlegung des Betriebes zum Kasino und den Fall Gernhardt war der
Betrieb bis zum Äußersten angespannt und es bestand wenig Aussicht, den als
Sozialbetrieb geführten Stollen zu einem guten Abschluß zu bringen.
Nur durch die tatkräftige Unterstützung der gesamten Belegschaft des Stollens und
durch gute Förderleistungen und unter der sachkundigen Leistung des Steigers
Landmeyer als Betriebsfiihrer war es möglich, den gemeinsam ausgearbeiteten
Plan von 6 Monaten zu erfüllen und die Voraussetzungen zu schaffen die Schulden
zu bezahlen.
Die Henrichshütte mußte als Abnehmer für die Kohle gewonnen werden.
Herr Direktor Bauer setzte sich eingehend für den Stollen ein und schaffte   die
Voraussetzung., daß der Betrieb erhalten blieb, der Absatz gesichert war und die
Ruhrstahl die Bürgschaft für den Stollen übernahm.
Es wurden Vorauszahlungen geleistet,  um die Löhne,  soziale Abgaben und
Materialkosten zu bezahlen.
Die gelieferte Kohle ging zum Kesselhaus.
Neben den alten Verpflichtungen entstanden neue und zwar durch den Abbau in der Nähe der Kokerei an den Häusern Feuerstein und Huster in der Bismarkstraße Bergschäden entstanden.
Nach langen Verhandlungen, unter Hinzuziehung von Fachleuten wie Herr Prof. Dr. Oberste - Brink von der G.B.A.G. u.a. konnten die beiden Hauseigentümer mit zusammen DM 18000 , abgefunden werden.
Im Oktober 1950 war das Kohlevorkomrnen am Kasino - Gelände erschöpft und es wurde beschlossen, den Betrieb stillzulegen und die Firma sollte liquidiert werden.
In dieser Zeit ( Korea Krieg ) entstand aber auf dem Kohlenmarkt ein derartiger Engpass, daß der Vorstand von Ruhrstahl an die Geschäftsführung des Stollens den Auftrag gab, ein neues Kohlenfeld ausfindig zu machen und einen neuen Betrieb aufzubauen, um die Kohlen für das Kesselhaus sicherzustellen.
Wenn 1946 der Stollen zur Selbstversorgung mit Kohle für die Belegschaft gegründet war, so wurde 1950 der Sinn und Zweck ein anderer.
Es gelang im November 1950 in Bochum - Stiepel, Kemnaderstraße 49a auf dem
Grundstück des Bauern Voßkuhl ein Flöz aufzuschließen.
Das Grubenfeld gehörte der „ Gewerkschaft Neumühl „ in Homberg.
Es war das Längenfeld „ Neuer Hafen " im Felde „ Ver. Gibraltar Erbstollen ".
Die Verhandlungen mit der „ Gewerkschaft Neumühl " wurde im Auftrage des
Vorstandes von „ Ruhrstahl " von Herrn Rechtsanwalt Middelschulte geführt
und auch Oberingenieur Remberg hatte von Herrn Direktor Bauer den Auftrag,
bei den Verhandlungen mitzuwirken.
„ Neumühl " erteilte die Abbaugenehmigung nur unter der Voraussetzung daß die
„ Ruhrstahl" die Bürgschaft übernahm.
Am 12.4.1951 wurde dann der Pachtvertrag mit „ Neumühl " geschlosssen.
Inzwischen war der Bremsberg bis zu einer Teufe von   + 70 NN aufgefahren
worden und zwar im Flöz Geitling.
Es wurden nach Westen und Osten je 4 Örter ausgesetzt.
Gleichzeitig wurden die Über - Tagesanlagen errichtet, und zwar mußte zunächst
eine Unterkunft für die Bergleute geschaffen werden.
Eine Holzbaracke aus dem Wohnlager in Welper wurde abgebrochen und in Stiepel
wieder aufgestellt.
Die Waschkaue wurde als massiver Steinbau gebaut und die Kompressoren wurden
in Steinbauten untergebracht.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Preßluft mit einem Mietkompressor von der
Marke ( Tracktolin - Läufer Irma u. Elze ) erzeugt.
Im April 1951 war es dann soweit, daß die Stadtwerke Bochum einen Trafo
aufgestellt hatten und nunmehr mit Strom gearbeitet werden konnte.
Dann wurde ein Büro  für  den Betriebsführer und  dem Betriebsrat  an den
Maschinenraum angebaut.
...
Die Aufbereitung der Kohle erfolgte nach wie vor in Hattingen auf dem ehemaligen Kasinogelände der Henrichshütte.
Mit LKW wurden die Kohlen von Bochum - Stiepel nach Hattingen gefahren und
liefen dann über ein Kratzband zur Siebanlage.
Unter den Bunkern war Werksanschluß zur Henrichshütte.
Bis zum Sommer 1951 war die Belegschaft auf 70 Mann angestiegen und die
Tagesförderung lag bei fast 100 Tonnen.
Nach dem mit Neumühl  abgeschlossenen Pachtvertrag war es uns gestattet, im
Flöz Geitling im ehemaligen Längenfeld „ Anna - Catharina " im Grubenfeld „
„ Ver. Gibraltar Erbstollen " oberhalb der Stollensohle (+ 70 m. NN) die Kohle
abzubauen.
Da die Kohle zu dieser Zeit Mangelware war, und die Henrichshütte für das
Kesselhaus monatlich bis zu   2000 Tonnen benötigte, war es erforderlich, den
Betrieb und den Abbau zu erweitern.
Dazu mußten die im Hangenden befindlichen Flöze in den Pachtvertrag mit
aufgenommen werden.
Doch die Flöze lagen in einem anderen Längenfeld.
Es waren die Flöze „ Kreftenscheer I und II " und Flöz „ Mausegatt "
Der Abbauvertrag wurde durch „ Neumühl " nicht so ohne weiteres erweitert. Es mußte eine    Konsolidation der Felder „ Neuer Hafen " mit „ Gibraltar Erbstollen " durchgeführt werden.
Obwohl von „ Neumühl " darauf aufmerksam gemacht wurde, das dieses Verfahren unter Umständen mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, bekam die Geschäftsführung des Stollens von Ruhrstahl den Auftrag, diese Zusammenlegung einzuleiten.
Da    Neumühl    irgendwelche Beteiligungen an den entstandenen Kosten ablehnte, mußte der Stollenbetrieb sämtliche Kosten tragen. ( ca. 10000, - DM )
Die   Konsolidation   wurde unter der Leitung des Repräsentanten des  Feldes
„ Neue Hafen " Herrn Dr. Bock, eingeleitet.
Das Verfahren ist bis zur Zeit noch nicht beendet.
Es ist anzunehmen, daß „ Neumühl" die Vertragserweiterung in Bezug auf die Flöze und in die Teufe bis auf + 40 m N.N. nur erteilte, weil s ich Herr Direktor Spolders sich selbst in dieser Sache bemüht hat.
Voraussetzung dazu war zu diesem Zeitpunkt die Kohlenknappheit.
Ebenso haben sich die Herren Remberg und Legewie von der Neubauabteilung für den Betrieb eingesetzt.
Herr Legewie hat im Auftrage von Herrn Remberg bei allen Vertragsangelegenheiten und Verhandlungen die Interessen des Betriebes gern vertreten
Selbst die Behörden haben die Belange mit sehr großem Interesse wahrgenommen
und immer unterstützt zum Wohle des Betriebes und der Belegschaft.
Herr Oberbergamtsdirektor Knoop und Erster Bergrat Müller und viele
andere   haben oft im Sinne und zum Wohle des Betriebes bei Verhandlungen
eingegriffen
Der Vorstand der „ Ruhrstahl " und die Werksleitung haben oft gemeinsam die
Verhandlungen geführt, die der Betriebserweiterung dienten.
Von der Bergbehörde wurde der Stollenbetrieb Henrichshütte gern als Musterbetrieb bezeichnet, da die Einrichtungen in maschineller Hinsicht und in Bezug auf die Grubensicherheit erstklassig waren.
Wenn man berücksichtigt,daß die „ Stollenbetriebsgemeinsehaft Henrichshütte" im Jahre 1946 lediglich den Zweck hatte, in den ersten Nachkriegsjahren und bei dem Durcheinander der Versorgung mit Kohlen, die Belegschaft überhaupt mit Kohlen zu versorgen und dazu noch den Invaliden Kohlen und sogar noch noch zum Verbilligten Preis zu liefern, so war im Jahre 1950 der Zweck des Betriebes in Stiepel eine betriebliche Notwendigkeit der Henrichshütte. Es steht fest, daß Herr Direktor Bauer oft genug betont hat, daß durch das Vorhandensein des Stollenbetriebes im Werk keine Feierschichten infolge der mangelhaften Kohlenversorgung eingelegt werden mußten.
Doch diese Zeiten änderten sich.
So auch die Versorgung mit Kohlen.
Die Ansprüche  des  Werkes  konnten  qualitativ nicht  mehr  erfüllt werden.
 

Die Nachfrage nach Hausbrandkohle für die Belegschaft ließ nach.
Im Jahre 1953, als der Betrieb mit den Vorrichtungs- und Einrichtungsarbeiten endlich soweit war, daß mit einem zügigen Abbau begonnen werden konnte, wurden die ersten Tendenzen wahrnehmbar , daß mit einer Schließung des Betriebes gerechnet werden mußte.
Zu diesem Zeitpunkt wurden monatlich ca. 2100 - 2400 to. Kohlen gefördert
Davon erhielt die Henrichshütte etwa 2000 Tonnen.

An Hausbrandkohle wurden etwa 200 - 350 to. monatlich abgesetzt.
Diese Hausbrandkohle konnte bis zu Tage der Schließung zum Preise von 40.-Dm
pro Tonne frei Haus geliefert werden.
Wäre der Betrieb nicht geschlossen worden, so wäre es bei dem guten finanziellen
Stand möglich gewesen, diesen Preis noch zu senken.
Damit wäre der soziale Zweck, Lieferung einer verbilligten Hausbrandkohle mehr als 100%-ig erfüllt worden.
Wenn sie auch die Qualität einer gewaschenen Kohle nicht gleichkommt, liegt im Preis und in der angelieferten Menge ( Plustoleranz ein großer Vorteil für den Abnehmer.
Wäre der Betrieb in seiner Weiterentwicklung nicht durch die Stillegung unterbrochen worden, so wäre es ohne weiteres möglich gewesen, aufgrund des Finanzstandes im Jahre 1954 eine eigene Brikettierung einzurichten.
( etwa DM : 150000,-)
Das Kohlevorkommen, welches verpachtet war, betrug nach Berechnungen der
Kaufinteressanten etwa nach dem von uns abgeschlossenen Pachtvertrag noch
ca 150000 to., das bedeutete, noch eine Lebensdauer von 5-8 Jahre.
Bis zu diesem Zeitpunkt wäre unter Umständen noch eine Möglichkeit gefunden
worden, weiter anzupachten.
Die gute Entwicklung  des  Betriebes  war  den Beiratsmitgliedern  durch  die
monatliche Übersichts - Selbstkostenaufstellung bestens bekannt. Trotzdem wurden die Stimmen zur Schließung des Betriebes immer lauter. Das Beiratsmitglied Hemp wies wiederholt darauf hin, daß der eigentliche Sinn und Zweck des Stollenbetriebes, die Belieferung der Hüttenangehörigen mit einer billigen Hausbrandkohle, nicht mehr gegeben sei, da Ruhrstahl 90 % der Förderung erhält. Und die Meinung des Vorstandes ? Hier wurde erklärt, daß sich „ Ruhrstahl" von bergbaulichen Dingen freimachen wolle, Entweder soll der Betrieb verkauft , oder geschlossen werden. Anläßlich einer Unterredung am 18.10.59   mit Herrn Dr. Ebers und Schulte, brachten die Herren Deus und Kersting   den Wunsch vor, den Stollenbetrieb zu schließen, da jetzt der geeignete Moment sei, die Sache Schuldenfrei abzuwickeln. Ebenso wäre bei einem weiteren Abbau mit erhöhten Kosten und Zuschüssen zu rechnen.

 Nach dem technischen Stand und der bisherigen Entwicklung wäre es aber ohne weiteres möglich  gewesen,   die  angepachtete  Kohlenmenge  abzubauen,  ohne Schulden entstehen zu lassen. Die Grubenbaue waren beim Schließungstermin so vorgerichtet, daß monatlich 2 000 - 2 3000 to. Kohle gefördert werden konnte.
Wenn bis zu diesem Zeitpunkt größtenteils „ Geltung -Kohle " gefördert worden
war,   so  konnte  nun  mit  dem  Abbau  der  besseren  Kohle   aus   dem  Flöz
„Kreftenscheer I und II " und „ Mausegatt" abgebaut werden.
Diese Flöze waren durch die Konsolidation der Felder Neuer Hafen  und mit Ver. Gibraltar Erbstollen  zum Pachtvertrag zugelegt worden.
Man kann die Frage stellen! Warum sind die Kosten für die Konsolidation (ca. DM 10000) überhaupt übernommen worden ?
Den Nutzen daraus zieht nur „ Neumühl" .
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß wenn man aus „ Heise- Herbst- Fitze
zitiert:
„ Die bedingte Lage macht für den deutschen Bergbau größte Sparsamkeit in der Auswertung der Bodenschätze und demgemäß einen möglichst vollständigen Abbau der erschlossenen Lagerstätte zur Pflicht”
die Sachlage nicht klar erkannt worden ist.
Die von Herrn Matthes angestrebte freie Entwicklung und der weitere Ausbau der Anlage (Brikettierung ) fand keinen Anklang.
Als die Stillegung beschlossen war, setzte sich die Bergbehörde sehr stark ein, um
den Betrieb zu erhalten.
Doch „ Neumühl " wollte die Bürgschaft „ Ruhrstahl " unter keinen Umständen
verlieren, wenn der Betrieb weitergeführt würde und „ Ruhrstahl " selbst konnte
für einen Dritten kaum die Bergschaft übernehmen.
Die starre Haltung von „ Neumühl " erschwerten die Verkaufsverhandlungen sehr.
Zuerst wurde mit der Gewerkschaft „ Cleverbank "im Hammertal verhandelt, und
es sah fast so aus, als wenn „ Neumühl " damit einverstanden sei.
Doch der Kaufpreis von DM 60 000,- konnte „ Cleverbank " nicht aufbringen.
Inzwischen ist die Firma in Konkurs gegangen.
Die Gewerkschaft „ Hausbach" in Bochum - Weitmar war bereit, den Betrieb zu
übernehmen.
Auch diese Verhandlungen scheiterten an dem Standpunkt „ Neumühls " da
„ Neumühl " auf die Bedingungen zur Vertragserweiterungen nicht einging.
Damit war das Todesurteil gefallt.

Es ist und bleibt allen Fachleuten, einschließlich der Bergbehörde ein Rätsel ,
warum man einen so vorgerichteten Betrieb geschlossen hat.
Man kann mit gutem Gewissen sagen, das 100 000 to. Kohlen vergraben worden
sind.
Die Abbruch - und Verfüllungsarbeiten waren am 15.9.1954 beendet.
Das  gesamte  Inventar   wurde  der  Gewerkschaft  „ Hausbach "  zum Preise von DM 42500, - verkauft.
Die Wiederherstellung der Tagesoberfläche konnte vertraglich mit dem Grundstückseigentümer Voskuhl geregelt werden.
Von der Belegschaft wurden 15  Leute von  der   Henrichshütte    übernommen, ca. 50 Leuten wurde gekündigt.
Zusammenfassend
Förderung  und  Absatz
  Jahr           Ruhrstahl        Hausbrand            Handel         insgesamt
1950/51        7378 t            2029  t                    l 447 t          10 854 t 
1952           16815 t            1888  t.                       10 t          18713  t
1953           22700 t           2168  t.                    l 789 t          26 657 t
1954           10032 t            1051 t                         — t          11083  t

insgesamt   56 925 t          7136   t                  3 246 t          67 307 t
Die  unter Tagesleistung lag im Durchschnitt bei 1,6 t und die   Gesamtleistung
bei etwa 1,2 - 1,3 t je Schicht.
Die Belegschaft setzte sich aus ca. 50 - 55   unter Tage - ca. 10 -14 über Tage -
Leute und 3 Angestellten zusammen.
Der Betrieb konnte als Sozialbetrieb angesehen werden
 

Löhne und Gehälter
Die Löhne lagen bei etwas über 25 % über Tarif
Die Hauer erhielten DM 19,- - 20,- zuzüglich DM - ;50 fiir die Ortsältesten bzw.
DM: - ,50 pro Schicht bei nassen Betriebspunkten.
Bei besonderen Leistungen wurden oft Prämien ausgezahlt.
Die Lehrhauer und Schlepper erhielten pro Schicht DM:   17,50     bis  18,50
zuzüglich evtl. Prämien.
Die tarifliche Zuschläge für Hausstandsgeld und Kindergeld DM: -;25 pro Schicht
und ab 3. Kind DM: 20,- pro Monat wurde bezahlt.
Urlaub
Der Tarifurlaub wurde gewährt.
Erholung
Im   Laufe   der   Betriebsjahre   konnten   viele   Belegschaftsmitglieder   in   die
Erholungsheime der Henrichshütte ( Gudenhagen etc. ) geschickt werden.
Sieben Urlaubstage wurden vom Betrieb zusätzlich gewährt.
Beihilfen.
Bei  Schulentlassungen  und  Konfirmationen  bzw.   Kommunionen  erhielt  das
Belegschaftsmitglied für das betreffende Kind DM: 50,-
Das Weihnachtsgeld wurde nach den Richtlinien der Henrichshütte bezahlt.
Es bestand eine Wohlfahrtskasse.
Die Restpfennige der Löhne und Bußen wurden der Kasse gutgeschrieben.
Betriebsseitig zahlte man für jedes Belegschaftsmitglied monatlich DM: 2,- ein.
Aus dieser Kasse erhielt jeder arbeitsunfähige   Kranke   des   Betriebes   täglich,
eine DM 1,-
 

Sonstiges.
In jedem  Jahr  wurde  ein  Betriebsausflug  der  Belegschaft     mit  Ehefrauen
durchgeführt.
Die Kosten wurden zum größten Teil betriebsseitig getragen.
 

Hattingen den 4. November 1954
Matthes.





 

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