Hier kann man in der Aufzeichnung der VDI - Versammlung von 1935 entnehmen, daß die Wirtschaftslage sich besserte und ständig verbessert werden sollte. Die Propaganda der Nazis hatte Früchte getragen und an und für sich nüchterne Ingenieure mit dem Virus Nationalsozialismus infiziert. Geblendet von den Aussichten reihten sich Ingenieure ein und dergestalt fand auch die Versammlung “führerorientiert” statt.

Technik ist Dienst am Volke!
Rückblick auf   die 73. Hauptversammlung des YDI mit dem I.Tag der deutschen Technik und der 25-Jahrfeier der Technischen Hochschule Breslau
 
Die Feierstunde in der Jahrhunderthalle
Den Ingenieuren sind im neuen Deutschland Aufgaben riesigen Ausmaßes gestellt worden. Mit den Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung: Straßen - und Kanalbau, Landgewinnung und Siedlung, begann es, und heute stehen die deutschen Ingenieure mitten im Kampf um die deutsche Rohstofffreiheit und wirken tatkräftig daran mit, die neue deutsche Wehr mit guten Waffen zu versehen.
Zwar stehen die Werke der Technik klar vor aller Augen, die Ingenieurarbeit selber aber bleibt meist nur zu sehr im Hintergrund. Das Ringen des Ingenieurs mit dem oft so spröden und schwer zu beherrschenden Stoff ist dem Laien verborgen, so  daß     oft    die     Bedeutung dieser Arbeit und  der  Menschen die   sie   leisten,   verkannt   wird.

Hier Wandel zu schaffen, und zugleich zu zeigen, daß Deutschland in seinen Ingenieuren über ein wohlgeschultes, einsatzbereites Korps verfügt, war Zweck und Ziel des Tages der deutschen Technik, der die Veranstaltungen zur 73. Hauptversammlung des VDI und zur 25-Jahrfeier der Technischen Hochschule Breslau als glänzender Abschluß krönte und bei denen allein drei Reichsminister — Heß, Rust und Frhr. v. EItz-Rübenach — zu den deutschen Ingenieuren sprachen.

Nicht besser kann die Einsatzbereitschaft der deutschen Ingenieure gekennzeichnet werden, als es in dem Telegramm geschah, das der Beauftragte für Technik und deren Organisationen, Dr.-Ing. F. Todt, an den Führer und Reichskanzler gerichtet hat:

Meinem Führer melde ich die mehrtägige Arbeitstagung der deutschen Technik anläßlich der 25-Jahrfeier der Technischen Hochschule in Breslau. In ernster Pflichterfüllung sind die deutschen Ingenieure bereit, die großen, der Technik gestellten Aufgaben selbstlos und sachlich zu lösen. Wir geloben treue Gefolgschaft. Heil mein Führer !
Der Führer hat hierauf geantwortet:
Für das mir anläßlich der Arbeitstagung der deutschen Technik von Ihnen namens der deutschen Ingenieure ausgesprochene Gelöbnis treuer Mitarbeit sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Ich erwidere Ihre Grüße mit den besten Wünschen für Ihre Tagung und Ihre weitere Arbeit.                        Adolf Hitler.

Des weiteren sandte der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Dr. Ley, folgendes Telegramm an die Arbeitstagung der deutschen Technik:

Das in der Deutschen Arbeitsfront vertretene schaffende Volk grüßt seine ersten Pioniere der Arbeit. Ich beglückwünsche Sie und den Verein deutscher Ingenieure zur 73. Hauptversammlung.

Dr.-Ing. Todt faßte den Inhalt der Breslauer Veranstaltungen dahin zusammen, daß auf der Arbeitstagung zwar Reden gehalten seien, daß diese Reden aber keine theoretischen Erörterungen, sondern Meldungen vollzogener Tat und erreichter Leistungen gewesen seien. Daß Technik Tat ist, sei eine der erfreulichen Erkenntnisse, die jeder aus dieser Arbeitstagung mit fortnehmen kann, und daß Technik nicht Selbstzweck sei, sondern selbstloser Dienst der Nation, sei ebenfalls klar aus all dem hervorgegangen, was in den Verhandlungen erörtert wurde. Es lag eine starke, für jeden Teilnehmer deutlich fühlbare Steigerung in den Veranstaltungen in Breslau. An den ersten Tagen fanden sich zunächst die Fachleute in acht Fachgruppen zu ernster Arbeit zusammen, wie man es von den Hauptversammlungen des VDI seit jeher gewöhnt ist. Hier wurde richtige Ingenieurarbeit im stillen ohne laute Wirkung nach außen geleistet, denn hier holte sich der einzelne neues Rüstzeug für seine Arbeit im Dienste des Ganzen.
Die großen Veranstaltungen an den Nachmittagen der ersten Verhandlungstage, deren Bedeutung schon durch die Tatsache gekennzeichnet ist, daß der Reichsverkehrsminister selbst in einem grundlegenden Vortrag das Wort ergriff, wandten sich demgegenüber an den großen Kreis aller Fachgenossen und an die Öffentlichkeit. Hier wurden in großen zusammenfassenden Vorträgen Überblicke gegeben über die Dinge, die die deutsche Technik heute bevorzugt beschäftigen: Deutschlands Versorgung
mit Rohstoffen (Prof. Dr.-Ing. Goerens VDI), Nahrung und Kleidung (Stabsamtsführer Dr. Reischle), Reichsplanung (Dr.-Ing. Ludowici VDI), nationalsozialistische Wirtschaftsgestaltung (Präsident Pietzsch), Werkführung (Dr.-Ing. E. h. Rosdeck VDI und Dr.-Ing. E. h. Arnhold VDI), Fragen des Verkehrswesens (Frhr. v. Eltz-Rübenach) und der Energiewirtschaft (Gen.-Dir. Dr.-Ing. Nübling VDI). Diese Vorträge verfolgten den Zweck, den Blick der Fachleute über die engeren Einzelfragen, wie sie in den Fachgruppen behandelt wurden, hinauszulenken auf das große Geschehen und gleichzeitig der Öffentlichkeit einen Einblick in das Ringen der deutschen Technik zu geben.
Den Höhepunkt und Abschluß der Veranstaltung bildete dann die Feierstunde in der Jahrhunderthalle, in der sich die Ingenieure aller Fachrichtungen zusammenfanden zu ernstem Nachdenken über Zweck und Ziel ihrer Arbeit und zu einem feierlichen Gelöbnis, stets einsatzbereit zu sein für die Aufgaben des neuen Reiches.
Die Verbindung des Tages der deutschen Technik mit der Hauptversammlung des VDI, die mehr als 2500 Ingenieure. aller Fachrichtungen aus ganz Deutschland zusammengeführt hatte, und mit den feierlichen Veranstaltungen zur 25-Jahrfeier der Technischen Hochschule Breslau gaben auch der Feierstunde in der Jahrhunderthalle eine besondere Betonung. Während in einem der Gebäude, die sich an die Jahrhunderthalle anschließen, die Hauptversammlung des VDI, über die weiter unten berichtet wird, stattfand, hatte die Technische Hochschule in ihren Räumen zu einer schlichten akademischen Feier eingeladen, bei der auch der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Rust das Wort nahm. Hier gab der Rektor die Ehrungen bekannt, er unterstrich aber auch dankbar, daß der derzeitige Direktor des Vereines deutscher Ingenieure, Prof. Dr. Garbotz VDI, als erster Studierender bei der Ausgestaltung der gemeinsamen Festfolge sich seiner Hochschule ganz besonders angenommen habe.
Die Teilnehmer beider Veranstaltungen fanden sich dann in der Jahrhunderthalle zusammen. Auch der äußere Rahmen trug wesentlich dazu bei, die Feierstunde würdig zu  gestalten.    In   den   großen   mit   den  Symbolen  des nationalsozialistischen    Reiches    geschmückten    menschengefüllten   Raum   zogen   die   Fahnen   des   neuen Deutschland   und    der    studentischen   Verbindungen Breslaus in feierlichem Zuge ein.    Ihnen folgten die Ehrengäste der Technischen Hochschule, viele davon in den historischen Amtstrachten der deutschen Rektoren und Dekane.  Lauter Jubel erscholl dann, als der Stellvertreter des Führers, Reichsminister Rudolf Heß, die Jahrhunderthalle betrat.

Ansprache des Stellvertreters des Führers
Mit tiefem Dank und freudigem Stolz erfüllt es die deutschen Ingenieure, daß der Stellvertreter des Führers zu dieser Feierstunde der Technik gekommen war und selbst das Wort ergriff. Aus seiner Ansprache konnte auch der Fernerstehende deutlich entnehmen, welche Bedeutung das neue Deutschland der Technik beimißt. Sie ist Helferin im Kampf um Deutschlands Freiheit, sie schafft im friedlichen Wettstreit neue Provinzen der Arbeit, ohne anderen Völkern Raum zu nehmen, sie hebt den Lebensstand des ganzen Volkes; und wo sie in notwendiger Arbeitsteilung die Arbeit selbst eintöniger macht, so daß Schäden aus dieser Art der Technisierung zu befürchten wären, setzen heute die nationalsozialistischen Organisationen, vor allem die Organisation „Kraft durch Freude", ein, um die durch die Technik gewonnene längere Freizeit wertvoll zu gestalten und dem arbeitenden Menschen an Seele und Körper den Ausgleich zu bieten, den die Arbeit selbst nicht genügend gewähren kann.
Wie alle Lebensgebiete des deutschen Volkes, fuhr der Stellvertreter des Führers fort, sei auch die Technik von den Ausstrahlungen der nationalsozialistischen Revolution erfaßt worden, sowohl in ihrer Stellung im Volke als auch in ihrem geistigen und organisatorischen Eigenleben. Die Vorträge der Tagung bewiesen, daß die deutsche Technik den Weg zur nationalsozialistischen Geisteshaltung gefunden habe dank der richtigen Führungsweise der Männer, die heute an ihrer Spitze stehen. Diese hielten bewußt an den Zielen der Vergangenheit fest, ließen vorhandene Organisationen bestehen und durchsetzten sie in der Führung mit Nationalsozialisten. Tradition und Facherfahrung einerseits, nationalsozialistische Haltung der Führung anderseits führten zu gleicher Geltung von Gewordenem und Werdendem.
Auch in der Technik erfaßte der Nationalsozialismus zunächst die Menschen, um mit diesen dann Verbände zu bilden. Heute sei es das stolze Streben dieser deutschen Technik, ein nationalsozialistisches Führerkorps herauszubilden, das einst den Ruf rechtfertigen werde, das technische Offizierkorps der deutschen Wirtschaft zu sein, und zwar ein Korps, das durch die tägliche Zusammenarbeit mit den handarbeitenden Volksgenossen besonders dazu berufen sei, im Alltag praktischen Nationalsozialismus zu üben und vorzuleben.
Eine besondere Freude für den Verein deutscher Ingenieure war es, daß der Stellvertreter des Führers seine Glückwünsche zur V D I -Hauptversammlung mit den Worten verband: Allein aus der Tatsache, daß zugleich mit der Breslauer Tagung der Verein deutscher Ingenieure seine 73. Hauptversammlung abhalte, sei unter Berücksichtigung der verhältnismäßig jungen Geschichte der Technik zu ersehen, wie alt und wie groß der Beitrag Deutschlands für die technische Entwicklung der Welt sei.
Unter der jubelnden Zustimmung der Tausende, die seinen Worten gelauscht hatten, schloß der Stellvertreter des Führers seine Ansprache mit dem Wunsch, die deutsche Technik möge Deutschlands führende Stellung auf technischem Gebiet im friedlichen Wettstreit der Nationen weiter erhalten und sichern.
 

Ansprache des Reichsleiters Rosenberg
Hatte die Ansprache des Stellvertreters des Führers mehr die politische Rolle der Technik im nationalsozialistischen Reich behandelt, so betrachtete Reichsleiter Alfred Rosenberg die Wechselwirkung von Technik und Kultur. Er sieht in der Technik — übereinstimmend mit vielen Ingenieuren, die über ihren Beruf ernstlich nachdenken — nicht einfach ein Arbeiten an der Materie, sondern einen Ausdruck schöpferischer Kräfte, derselben Regungen und Gedanken, die einst Kirchen bauten, Symphonien schufen und der Welt die Werke der Malerei und Plastik schenkten. So betrachtet, sind Kultur und Zivilisation keine getrennten Begriffe, und so kann man die Technik auch nicht schuldig sprechen für den Niedergang der Kultur; sondern dieser Niedergang war ein Zeichen allgemeiner Entartung, die sich in den Bauwerken ohne Stil und der entpersönlichten Technik ebenso ausdrückte, wie im Niedergang der bildenden Künste und der Musik. Heute in der Zeit des Selbstbesinnens, auch auf kulturellem Gebiet, beginnen sich auch in der Technik neue Formen technischer Werke zu entwickeln, die in ihrer Weise — sei es ein Kraftwagen, eine Fabrik oder eine Kraftfahrbahn — ebenso artgemäß und schön
in ihrer Zweckmäßigkeit sind, wie nur je Erzeugnisse von Nutzwerken in der Vergangenheit.
In Deutschland ist alles am Werke, auseinanderstrebende Kräfte zusammenzuführen und einzusetzen für unser großes Ziel. Und so ist die Technik nicht Sache eines Konzerns oder eines Standes, sondern eine Angelegenheit der ganzen Nation und für die ganze Nation. Ansprache des Rektors
Die hohen Anforderungen an die Technik, die eine solche Betrachtungsweise naturnotwendig nach sich zieht, stellen auch entsprechende Ansprüche an die Lehre auf den technischen Bildungsstätten. Diese Frage zu erörtern und dem großen Kreis der Ingenieure nahezubringen, hatte sich der derzeitige Rektor der Technischen Hochschule Breslau, Prof. Rein, zur Aufgabe gemacht. Folgerichtig müssen Lehren und Erziehung dem angepaßt werden, was heute in Deutschland von der Technik gefordert wird. So ist, um nur einige Beispiele herauszugreifen, das an sich zwar gesunde Streben, den Lohnanteil an den Gesamtkosten eines Bauwerkes herabzusetzen, heute mehr dem Bestreben nach einer Vergrößerung des Arbeitsvolumens gewichen, und das kann auch so sein, weil die Beseitigung der Streiks und die Regelung der Lohnverhältnisse im Rahmen des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit dem Lohnanteil die Schwankungen genommen haben, denen er früher unterlag; oder wenn die einstige Zersplitterung im Bauwesen dem Entwurf die größte Bedeutung zukommen ließ, der für den eigenen Verwaltungsbereich der zweckmäßigste war, so geht heute auch hierin der Blick auf die Gesamtheit und auf deren Nutzen. In der Ersparnis an Rohstoffen und der Bevorzugung der Stoffe, welche die Heimat bietet, liegt eine weitere Aufgabe, die das neue Deutschland dem Ingenieur stellt. Auf alle diese Fragen das Augenmerk zu lenken, den Blick über das enge eigene Arbeitsfeld hinaus zu erweitern und auf das Ganze zu richten, das ist eine der Hauptforderungen, die die Lehre im neuen Deutschland neben einer guten fachlichen Ausbildung zu leisten hat. In diesem Sinne Lehrer und Schüler heranzubilden, ist ihre hohe Pflicht. Schlußwort des Vorsitzenden des YDI
 

Nach diesen Ansprachen, die den Blick auf die hohen staatspolitischen und kulturellen Aufgaben der Technik gelenkt hatten, umriß der Vorsitzende des VDI, Dr.-Ing. Schult VDI, in seinem Schlußwort noch einmal die Aufgaben, die sich die deutsche Technik als nächste gestellt hat. Wehrfreiheit, Nährfreiheit, Siedlung, Verkehrstechnik und Rohstofffragen sind es, mit denen sich die Tagung beschäftigt hat und denen sich die Ingenieure bevorzugt widmen wollen. Hier arbeiten sie mit zwei großen Bundesgenossen zusammen, der Wehrmacht einerseits und dem Reichsnährstand anderseits. Zu dieser gemeinsamen Zielsetzung hatten sich die Ingenieure an den Tagen in Breslau zusammengefunden, und diese Ziele auch in ihrer Tagesarbeit zu verfolgen, das war das Gelöbnis, mit dem die Feierstunde schloß.



Öffentliche Vortragsveranstaltung und Kundgebung
Bei den Vorträgen, die den Fachleuten und der Öffentlichkeit diejenigen Fragen zusammenfassend darstellen sollten, über die in den Fachgruppen im engeren Kreise und im einzelnen gesprochen worden war, war der große Saal des Breslauer Konzerthauses bis auf den letzten Platz gefüllt. Wer da geglaubt hatte, das Interesse der Ingenieure beschränke sich auf engere Fachfragen, auf Dinge, die nur mit der Tagesarbeit des Einzelnen zusammenhängen, der wurde hier eines Besseren belehrt. Selbst die große Zahl der Veranstaltungen, die die Tage in Breslau von früh bis spät fast pausenlos ausfüllten, war kein Hindernis für die Teilnehmer, sich interessiert auch den Fragen zu widmen, die von allgemeinerer Bedeutung sind.

Rohstoffbewirtschaftung
An der Spitze der Vortragsreihe stand die Erörterung der grundsätzlichen Fragen der deutschen Rohstoffbewirtschaftung durch Prof. Dr.-Ing. Dr. phil. h. c. Goerens V DI, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp-A.-G. Wenn heute Maßnahmen getroffen und vorgeschlagen werden, die die Verwendung bestimmter Stoffe beeinflussen, so muß man sich zunächst über die Herkunft dieser Stoffe, ihren Lauf durch die Wirtschaft und ihren Verbleib ein klares Bild machen. An Schaubildern nach Art des Sankey-Diagramms führte Prof. Goerens ein Beispiel vor, wie solche „Stoff-Strombilder" aussehen, wie man Stoffbilanzen aufstellen kann und welche wichtigen Folgerungen sich hieraus ziehen lassen. Die Darstellung und die sich daran anknüpfenden Betrachtungen zeigten in außerordentlich eindrucksvoller Weise, welche wertvolle Arbeit das ingenieurmäßige Denken auch auf diesem Gebiet leisten kann. Allerdings bedarf die Rohstoffstatistik, welche die Grundlage für derartige Strombilder und Stoffbilanzen bietet, noch erheblich des Ausbaues, wozu alle Beteiligten beitragen müssen.
Der wissenschaftlichen Forschung kommt bei den Rohstofffragen sowohl im Auffinden neuer Stoffe als auch neuer Verfahren eine bedeutende Rolle zu. Auch hier können die Stoff strombilder insofern wertvolle Hilfsmittel sein, als sie es gestatten, von vornherein die Forschungsarbeit richtig anzusetzen, denn aus ihnen kann man im voraus mit hoher Zuverlässigkeit ablesen, welchen Einfluß ein bestimmter wissenschaftlicher Fortschritt auf die gesamte Stoffbilanz haben wird. Von großer Wichtigkeit für die Rohstoffversorgung ist ferner die Behandlung und Wiederverwendung, der Abfälle. Hier ist noch viel zu tun, namentlich auf organisatorischem Gebiet, damit die Abfälle sortiert der Wiederverwendung zugeführt werden, sonst gehen wertvolle Bestandteile, wie Legierungszusätze u. dgl., verloren.
Energiewirtschaft
Eine weitere Frage, die die Öffentlichkeit neben der Rohstoffversorgung stark beschäftigt, ist die zukünftige Energiewirtschaft Deutschlands, über die Generaldirektor Dr.-Ing. Nübling VDI, der stellvertretende Leiter der Wirtschaftsgruppe Gas- und Wasserversorgung, sprach. Er gab zunächst einen kurzen Überblick über die Energiequellen und behandelte dann wichtige Einzelfragen. In der Elektrizitätsversorgung beschäftigt die Frage der Speicherung die Fachleute seit langem. Trotz zahlreicher Vorschläge dürfte hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.
In der Gastechnik steht die Treibstoffgewinnung heute mit im Vordergrund, und zwar sowohl in der Form der Schwelung und Hydrierung zur Gewinnung flüssiger Treibstoffe als auch der Erzeugung von flüssigen Gasen und schließlich in der Form unmittelbarer Verwendung hochverdichteter Gase in Kraftfahrzeugen.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft wird es sein, die auf das Ganze gerichtete Betrachtungsweise, wie wir sie überall im nationalsozialistischen Deutschland finden, auch stärker in das Energiegebiet einzuführen, so daß sich die verschiedenen Energiegewinnungsarten ergänzen und gewissermaßen aneinander empor entwickeln. Wichtige Voraussetzung hierfür dürfte ein Generalstabsplan der Energiebewirtschaftung sein, eine zwar außerordentlich schwierige, aber keineswegs unlösbare Aufgabe. Dabei wird auch den Tariffragen, die den einzelnen Abnehmer am stärksten interessieren, besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein, und der Vortragende sieht in der Bildung einzelner Verbrauchergruppen mit gleichartigen Bedürfnissen und gleichartiger Bewertung einen Weg, der alle Beteiligten befriedigen könnte.

Reichsplanung
In die Frage der Reichsplanung und die sich dabei ergebenden technischen Aufgaben führte Dr.-Ing. Ludo-wici VDI, der Stellvertreter des Reichskommissars für das Siedlungswesen und Leiter des Reichsheimstätten-amtes der NSDAP und Deutschen Arbeitsfront, die Zuhörer ein. Wenn das deutsche Volk seinen Platz in der Welt behaupten will, muß es vor allem seine Arbeitskraft, und zwar sowohl seine geistigen wie seine körperlichen Kräfte, voll und richtig einsetzen. Hierfür zu wirken, ist Aufgabe der Reichsplanung. Es handelt sich hierbei nicht allein darum, Siedlungen an sich zu planen, sondern es muß die Besiedlung des ganzen Landes als ein Ganzes gesehen werden, damit ein richtiges Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft in den einzelnen Landesteilen, zwischen den verschiedenen Berufen innerhalb der einzelnen Siedlungen erzielt wird, daß der Arbeitseinsatz nicht durch ungünstige Lage der Wohnstätten zu den Arbeitsstätten erschwert und somit eingeengt wird und dergl. mehr, d. h. in den Rahmen dieser Betrachtungen sind die Marktbeziehungen ebenso einzusetzen, wie Fragen der Verkehrstechnik. Das Fahrrad als Verkehrsmittel des arbeitenden Menschen beschäftigt die Planungsfachleute in gleicher Weise wie die Entwicklung des Volkswagens.
Eine Frage, mit der sich die Reichsplanung heute besonders stark beschäftigt, ist die Heimstättensiedlung, teils als Vollsiedlung, teils als Kurz Schichtensiedlung.
Bei alledem treten naturgemäß zahlreiche technische Aufgaben unmittelbar auf, wie z. B. beim Bau der Siedlung, der Verkehrswege und Verkehrsmittel. Darüber hinaus ergibt sich aber auch mittelbar eine starke Befruchtung der Technik. So hat eine eingehende Untersuchung des landwirtschaftlichen Maschinenbesatzes in den verschiedenen Gebieten Deutschlands gezeigt, daß die Zahl der landwirtschaftlichen Maschinen, auf die gleiche Fläche bezogen, im dicht besiedelten Sachsen etwa viermal so groß ist wie in dem dünn besiedelten Ostpreußen. Mit der Verdichtung der Besiedlung in den heute nur dünn bewohnten Landesteilen wird sich also zweifellos zunächst bei den landwirtschaftlichen Maschinen, dann aber auch bei der Ausrüstung von Gewerbebetrieben und dergl. mehr eine starke Belebung für die Technik ergeben.
 

Nahrung und Wohnung
Eng mit diesem Fragengebiet hing der Vortrag über Nahrung und Wohnung aus deutscher Scholle zusammen, den der Stabsamtsführer im Reichsnährstand Dr. Reischle für den Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Darre hielt. Das neue Deutschland hat bei aller Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit des Einzelbetriebes doch insofern eine Wandlung in der gesamten Wirtschaftsführung gebracht, als nicht die Wirtschaftlichkeit an sich, sondern der Dienst am Volke, die Erhaltung der deutschen Wirtschaftsfähigkeit im Vordergrund aller Maßnahmen steht. In den letzten Jahren vor der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus und auch schon in der Zeit vorher ist ein Zweig der deutschen Landwirtschaft nach dem ändern, wenn er nicht mehr rentabel genug war, aufgegeben worden zugunsten des Bezuges aus ändern Ländern. Mit der heimischen Wolle-Erzeugung begann es, im Flachs- und Hanfanbau fand es seine Fortsetzung, und schließlich wurden auch bereits wesentliche Anteile des deutschen Verbrauches an Molkereierzeugnissen, Eiern usw. aus dem Auslande bezogen. Die Betätigung der deutschen Landwirtschaft konzentrierte sich immer mehr auf die Erzeugungszweige, die einer intensiven Bewirtschaftung am leichtesten zugänglich waren.
Mochte diese Entwicklung richtig sein in einer Welt der allgemeinen Völkerfreundschaft und der völlig freien

Gemeinschaft in der Weltwirtschaft, so wurde sie in dem Augenblick zu einer Gefahr, als die ändern Völker mehr und mehr begannen, ihren Wirtschaftskörper durch Gründung neuer Wirtschaftszweige selbständiger zu machen. Heute ist die vordringlichste Aufgabe, die Ernährung des deutschen Volkes aus der deutschen Scholle sicherzustellen, und zwar wird dieses Ziel in der Weise angestrebt, daß die lebensnotwendigen Güter in der Heimat erzeugt werden. Die nicht notwendigen, uns aber angenehmen und nützlichen Güter stellt der Austausch mit dem Auslande zur Verfügung, und es ist zu erwarten, daß sich auf dieser Grundlage sogar ein sehr reger Austausch entwickeln wird.
Diese Bestrebungen der Führung der deutschen Landwirtschaft, wie sie besonders in der Erzeugungsschlacht zum Ausdruck gekommen sind, haben bereits erfreuliche Erfolge gezeitigt. Schon jetzt sind wir so weit, daß wir unsern Bedarf an Brotgetreide, Speisekartoffeln, stärkehaltigen Futtermitteln, Fleisch und Zucker vollständig aus eigener Erzeugung decken können. Bei eiweißhaltigen Futtermitteln und Molkereierzeugnissen, Eiern und tierischen Fetten, fehlen uns nur etwa 20 bis 30 %, also ein Betrag, der die Hoffnung nicht ausschließt, daß wir uns auch hier im wesentlichen auf eigene Füße werden stellen können. Schwieriger liegen die Dinge dagegen bei der Versorgung mit pflanzlichen Ölen und Fetten. Die Aufgabe, im Anbau von Ölfrüchten Fortschritte zu erzielen, leitet auch zugleich über zu der Frage der Versorgung mit heimischen Faserstoffen, denn ein Teil dieser Pflanzen, wie z. B. Flachs, liefert gleichzeitig Öl und Faser. Durch planmäßige Forschungen der Pflanzenzüchtung ist gerade auf diesem Gebiet ein Erfolg zu verzeichnen, der zu großen Hoffnungen berechtigt.
Eine besonders große Rolle im Faserstoffbedarf spielt die Baumwolle; sie im Inland zu erzeugen, ist aus klimatischem Grunde nicht möglich. Hier hat
aber die Technik mit der Erfindung der Kunstspinnstoffe erfolgreich eingesetzt, und dieses Gebiet wird zweifellos noch eine große Entwicklung vor sich haben. In der Mischung dieser Kunstspinnstoffe mit ändern heimischen Faserstoffen, wie Flachs und Wolle, dürften besonders günstige Möglichkeiten liegen, so daß sich also auf diesem Gebiet Industrie und Landwirtschaft erfolgreich die Hand reichen können.
Auch auf das in dem Vortrag über die Reichsplanung schon gestreifte Gebiet der landwirtschaftlichen Maschinenerzeugung ging der Vortragende ein. Die deutsche landwirtschaftliche Maschinenindustrie konnte ihren Absatz, der im Jahre 1931/32 einen Tiefstand von 120 Millionen 3M erreicht hatte, im Jahre 1933/34 schon fast auf 200 Millionen JtM steigern, und die bevorzugte Förderung, die gerade die kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe heute erfahren, wird zweifellos dieser Industrie einen neuen starken Anstoß geben.
 

Nationalsozialistische Wirtschaftsführung
Die Ingenieure sehen es als ihre wichtige Aufgabe an, technisches Denken für eine organische Wirtschaftsgestaltung einzusetzen. Sie erblicken hierin die Möglichkeit, zu einer wesentlich zielsichereren und erfolgreichen Wirtschaftsführung zu kommen als bisher. Hierauf hat bereits im Vorjahre der Vorsitzende des Vereines deutscher Ingenieure auf der Hauptversammlung in Trier hingewiesen, und in diesem Jahre zeichnete der Beauftragte für Wirtschaftsfragen im Stabe des Stellvertreters des Führers, Präsident Dr. Pietzsch, ein Bild der Gestaltung der nationalsozialistischen Wirtschaftsführung durch technisches Denken. Zwar kann sich der Ingenieur nicht anmaßen, den lebenden Organismus der Wirtschaft, an dem menschliches Wollen und Denken mitwirken, mechanistisch wie eine Maschine zu berechnen, aber ihm ist die Beherrschung und Lenkung von Kräften geläufig. Er ist gewohnt, mit geringstem Aufwand, also bestem Wirkungsgrad, zu arbeiten, und er ist besonders geschult, peinlich und gewissenhaft alle Vorgänge zu beobachten, zu messen und in funktionalem Zusammenhang zu betrachten; in dieser Denkweise ist er dem heutigen Wirtschaftler voraus.
Die  bisherigen  volkswirtschaftlichen  Arbeitsverfahren    in   diesem   Sinne    fortzuentwickeln   war  eine  der ersten und   wichtigsten   Aufgaben, der sich die nationalsozialistische Wirtschaftsführung bei der Machtübernahme gegenübergestellt   sah,   als   es galt,    die   Millionenzahlen   der Arbeitslosen       einzuschränken. Diese   schwierige  Aufgabe  gelang entgegen den Auffassungen vieler zünftiger Wirtschaftler, weil  man  den  Blick nicht auf    die    einzelne    Maßnahme, sondern auf das Ganze gerichtet hatte.
Wichtige Voraussetzung für den weiteren Erfolg der Wirtschaftsführung ist das Vorhandensein einer Volkswirtschaftsbilanz, die die Unterlagen für das weitere Vorgehen, zum Teil auch für ingenieurmäßige Versuche, auf diesem Gebiet liefert. An einem Zahlenbeispiel zeigte der Vortragende, wie die von der Statistik gelieferten Zahlen zu einer solchen Bilanz zusammengestellt und ausgewertet werden können.
Kraftquellen der Verkehrsmittel
Stark im Vordergrund des Interesses steht heute in Deutschland die Verkehrsfrage, und zwar aus zwei Anlässen: einmal hat der Führer die zunehmende Motorisierung des deutschen Verkehrs in die Wege geleitet, und hieraus haben sich außerordentlich große Aufgaben des Maschinenbaues wie des Straßenbaues ergeben. Zum zweiten aber sind die Verkehrsmittel Großverbraucher von Stoffen, die zum Teil noch in erheblichem Umfange aus dem Auslande bezogen werden müssen. Das hat der deutschen Technik den Anstoß gegeben, sowohl die Gewinnung der Treibstoffe aus heimischen Quellen und die Erschließung neuer Rohstoffquellen als auch die Anpassung der Antriebsmaschinen an die deutschen Kraftstoffe zu fördern. In der Kundgebung nahm zu diesen wichtigen Fragen der Reichs- und Preußische Verkehrsminister, Frhr. v. Eltz-Rübenach, der selbst Ingenieur ist, das Wort zu einem viel beachteten und mit außerordentlichem Beifall aufgenommenem Vortrag.
Die Maschinenleistung der deutschen Verkehrsmittel : Eisenbahn, Schiffahrt, Kraftfahrt und Luftfahrt ist — das ist für viele überraschend — mehr als dreimal so groß wie die der ortsfesten Anlagen in Deutschland; den größten Anteil hieran hat der Kraftwagen. Bei der Ermittlung des Energieverbrauchs ist aber zu beachten, daß die Benutzungsdauer der Verkehrsmittel recht gering ist. Der Energieverbrauch der ortsfesten Maschine ist etwa viermal so groß wie der der Verkehrsmittel. Auf den Energieverbrauch aber kommt es an, wenn man die Rohstofffrage zum Ausgangspunkt der Betrachtung wählt.
Die Art der Kraftquellen der Reichsbahn verteilt sich wie folgt: 95,4 % Kohle, 4,5 % Elektrizität und weniger als x/4 % Treiböl. Von den deutschen Seeschiffen fahren 64 % der Tonnage mit Kohlen, 19 % mit Heizöl und 17 % mit Dieselmotoren und Gasöl. In der Binnenschiffahrt nimmt der Dampfantrieb — vorwiegend mit Kohlenfeuerung — 78 % ein; immerhin sind schon 22 % der Schiffe — außer den Sportfahrzeugen - mit Dieselmotoren ausgerüstet. Beim Kraftwagen beherrschen die leichten Treibstoffe noch immer das Feld; nur 10 % der Lastkraftwagen fahren mit Dieselmotoren, andere Treibmittel gewinnen erst langsam Eingang.
In diese Verteilung der Anteile der Kraftquellen kommen nur Änderungen teils von Seiten des Verkehrs selbst, wie z. B. bei der Deutschen Reichsbahn aus dem Bedürfnis, den Verkehr aufzulockern und zu beschleunigen, teils aus staatspolitischen Notwendigkeiten. Mit diesen Notwendigkeiten und der Auffassung, die er als Reichsverkehrsminister darüber hat, setzte sich der Redner dann eingehend auseinander.
Bei der Elektrifizierung der Eisenbahn wird es kaum einer besonderen Politik bedürfen, da diese Umstellung in der Finanzlage und der starken Inanspruchnahme des Kapitalmarktes z. Z. eine Grenze findet. Die einzelnen Pläne werden also von Fall zu Fall entschieden werden können.
Gegen die verstärkte Verwendung von Triebwagen mit flüssigen Brennstoffen ist häufig eingewendet worden, dadurch würde der Treibstoffbedarf vergrößert und infolgedessen die Devisenlage erschwert. Hiergegen ist zu sagen, daß der Bedarf der Reichsbahn an Treiböl im Jahre 1934 nur l %, im Jahre 1935 voraussichtlich etwa 2 % derjenigen Menge beträgt, die der Kraftwagen z. Z. verbraucht. Die Entwicklung ist zunächst auf 15 Jahre bemessen, geht also so langsam vor sich, daß man hoffen darf, die Devisenschwierigkeiten bis dahin überwunden zu haben. Außerdem dürften wir in der Erzeugung und Verwendung heimischer Treibstoffe bis dahin ein gutes Stück vorwärts gekommen sein, und schließlich werden sich die Dampffachleute der Reichsbahn auch eingehend mit der Frage beschäftigen, wie sich der Triebwagen erfolgreich mit Dampf betreiben läßt.
Die Seeschiffahrt erwirbt sich ihre Devisen selbst und kauft das Öl billig im Auslande, so daß hier kein Anlaß besteht einzugreifen. Bei der Binnenschiffahrt dagegen erscheint eine gewisse Zurückhaltung im Übergang auf Verbrennungsmotoren geboten; zum mindesten sind dann die Antriebsmaschinen unsern heimischen Treibstoffen anzupassen; der Entwicklung des Kohlenstaubmotors ist ebenfalls das Augenmerk zuzuwenden. Auch der Hochdruckdampfantrieb und die Kohlenstaubfeuerung dürften hier ein gutes Anwendungsfeld finden.
Beim  Kraftwagen   fördert  die  Reichsregierung ganz bewußt die Verwendung der nichtflüssigen Treibstoffe und wird an dieser Absicht auch unbedingt festhalten.    Um diese Entwicklung zu pflegen, hat  der   dem   Reichsverkehrsministerium  unterstehende Forschungsrat    unter    den    kürzlich    vergebenen    Forschungsaufträgen auch  eine  Anzahl  solcher vorgesehen, die sich mit diesen Fragen befassen, und im kommenden Sommer wird auf Anregung des Vereines deutscher Ingenieure und seiner Automobil- und Flugtechnischen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps eine Dauerprüfungsfahrt mit Lastwagen   über 25 000  km   mit   heimischen Treibstoffen stattfinden.
 
Die ganze heutige Treibstoffwirtschaft bedeutet aber ein Leben von der Substanz, denn wir bauen heute in der Kohle und im Öl Stoffe ab, die uns nicht wieder zuwachsen. Aber diese Sorge braucht uns nicht zu lahmen, denn, so schloß der Minister, wenn einmal Not an den Mann kommen wird, so wird zweifellos die technische Wissenschaft der Welt neue Kraftquellen erschließen und — so fügte er hinzu — er sei fest überzeugt, daß auch dann wieder der deutsche Ingenieur, wie schon so oft in der Geschichte, das Seinige dazu beitragen werde.
Der Ingenieur als Führer
Den Schluß der Vortragsveranstaltung und der Kundgebung bildeten je ein Vortrag, der sich mit der Aufgabe der Führung der Betriebe und der Menschen im Betriebe befaßt.
Direktor Dr.-Ing. E.h. Rosdeck VDI sieht als Aufgaben auf technischem Gebiet diejenigen an, die sich in erster Linie auf den Umformungsvorgang am Werkstoff und auf die Schaffung eines Arbeitsgutes erstrecken und denen die Pflichten der Werkführung gegenüberstehen, die vor allem das Treueverhältnis zwischen Führer und Gefolgschaft wahren.
In der heutigen Zeit der Umstellung auf Heimstoffe sind die Aufgaben, die den Werkstoff betreffen, besonders bedeutungsvoll und es gilt, die neuesten Erkenntnisse schnellstens an die Praxis heranzubringen. Auch den Verlusten an Energie nachzugehen, ist dringend wichtig. Die enge Verbindung zwischen technischem Fortschritt und dem Schaffen der Praxis stellt heute eine der wichtigsten Aufgaben der Betriebsführung dar; sie fördert deshalb bewußt die Gemeinschaftsarbeit, wie sie z. B. in der Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure im VDI, bei der Normung und im Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung gepflegt wird. Gerade die letztere Gemeinschaftsarbeit ist besonders wichtig im Hinblick auf die Frage des gerechten Lohnes, der ebenso sehr Voraussetzung für das Vertrauen zwischen Führer und Gefolgschaft wie für den wirtschaftlichen Erfolg des Werkes selbst ist. Die technischen Aufgaben der Werkführung gehen aber noch viel weiter und erfassen sowohl die Werkerhaltung wie die Kostengestaltung und den Vertrieb, alles Aufgabengebiete, auf denen im Rahmen des VDI wertvolle Gemeinschaftsarbeit geleistet wird.
Ihre Ergänzung nach der menschlichen Seite finden diese Aufgaben durch die Pflichten, die die Betriebsführung gegenüber dem Arbeiter wie dem Volksganzen nunmehr zu erfüllen hat. Die Gestaltung des Arbeitsplatzes wie die Ausbildung des Nachwuchses sind wichtige Teilaufgaben auf diesem Gebiet, denen wir uns heute mit ganz besonderem Eifer widmen. Um sie verstärkt fördern zu können, ist im Rahmen der Reichsgemeinschaft der technisch-wissenschaftlichen Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft für Werkführung geschaffen worden, die für alle diese Aufgaben ein Sammelpunkt und Kraftmittelpunkt sein soll.
Dr.-Ing. E. h. Arnhold VDI betrachtete in seinem Vortrag Ingenieurarbeit als Führungsaufgabe die Dinge mehr vom deutschen Menschen aus. Wie bei einer militärischen Einheit zwar Ausrüstung, Ausbildungsgrad und schließlich das Können der Führung bestimmend für den Kampferfolg sind, ausschlaggebend für den Erfolg aber erst der Geist der Truppe ist, so ist es auch in den Betrieben. Dieser Geist im Betrieb aber vermag weder künstlich erzeugt noch gezüchtet zu werden, man kann ihn lediglich pflegen.
Diese Pflege aber muß sich aufbauen auf den artgemäßen Eigenschaften der Menschen, um die es sich handelt, hier also des deutschen Menschen. Drei Grundeigenschaften sind es, die sich im deutschen Menschen ausprägen: Er ist kämpferisch, weil er und seine Vorfahren immer wieder sich behaupten mußten im harten Lebenskampf; das Handwerkliche ist ihm Lebensausdruck, weil es nicht nur galt zu kämpfen, sondern auch zu werken; und denkerisch-grüblerisch ist der deutsche Mensch veranlagt, jederzeit bereit, nach dem „warum" zu fragen, stets auf Erfinden und Entdecken eingestellt, aber auch in der Gefahr schwebend, die Dinge zu zergrübeln. Diese drei Kraftgruppen sind die Triebquellen unseres Fühlens und Handelns; auf ihnen muß sich jede echte Führung aufbauen, sie gilt es planmäßig einzusetzen. Die Führer selbst sind hierfür zu schulen, denn Führerkunst ist lehr- und lernbar; Führerschaft aber ist eine Frage der Gesinnung; sie heißt vorleben.
Den Ingenieuren fällt die hohe Aufgabe zu, nicht Sachwalter der Technik oder Verwalter der Betriebe, sondern Führer der nationalen Kampfeinheit „Betrieb" zu sein und als solche nicht nur die Sachwelt zu meistern, sondern die Gefolgschaft zu schulen und sie zu führen.

Auszug aus: VDI Zeitschrift Bd. 79, Nr.32, v. 10.Aug. 1935 S. 819 - 825
 

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