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Schiffsreisen

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Hier auf dieser Seite kann man Einblick nehmen in die Sichtweise von 1935. Der wirtschaftliche Aufschwung war bereits eingetreten, die Arbeitslosenzahlen gesunken und einfachere Reisen wurden möglich durch die technische Entwicklung und Herbeiführung höherer Mobilität

Die neue deutsche Ostasien-Schnelldampferflotte
Schiffbauliche Einrichtungen
Von Dipl.-lng. P. Biedermann VDI, Bremen
 

Die drei Schiffe „Scharnhorst", „Potsdam" und „Gneisenau" der neuen Ostasienflotte des Norddeutschen Lloyd stimmen in den Hauptabmessungen, Einrichtungen und Leistungen im großen und ganzen überein. Ausgehend von den grundsätzlichen Überlegungen, die zum Bau dieser Schiffsklasse geführt haben, werden die Fahrgast-, Fracht- und besonderen Schiffseinrichtungen des Dampfers ,,Scharnhorst" beschrieben.

Ostasiendampfer 1935 -001
 
Einer der wichtigsten Dienste, die der Norddeutsche Lloyd, Bremen, in seinem weltumspannenden Schiffahrtverkehr unterhält; ist die Linie Bremen — Ostasien. Es sind jetzt gerade 50 Jahre verflossen, seitdem der Norddeutsche Lloyd den Reichspostdampfer-Vertrag mit dem Staat abgeschlossen hatte. Dieser Dienst, ausgeführt mit erstklassigen schnellen Schiffen, erfreute sich sowohl beim reisenden Publikum, als auch bei den sonstigen interessierten Stellen hoher Wertschätzung. Während des Weltkrieges war der Schiffahrtverkehr auf der ostasiatischen Linie, wie überhaupt die gesamte deutsche überseeische Schiffahrt, völlig lahmgelegt, und die unglücklichen Nachkriegsverhältnisse gestatteten es dem Norddeutschen Lloyd nur, mit verhältnismäßig anfachen Schiffen mit kleiner Geschwindigkeit diesen Dienst wieder aufzunehmen.
Vor allem war es das im Jahre 1917 mit Rücksicht auf die Entblößung des Landes und Volkes von den notwendigsten Bedarfsgegenständen vom Reichstag beschlossene „Beihilfegesetz zum Wiederaufbau der Handelsflotte", das wegen mangelnder Geldmittel nur den Bau langsam fahrender Schiffe vorsah; hinzu kam der Umstand, daß das Reich sich zu einer Erneuerung des Reichspostdampfer-Vertrages nicht verstehen konnte, so daß der Norddeutsche Lloyd gezwungen war, neue Schiffe zu bauen, deren Leistungsfähigkeit an die der ausländischen Schiffe bei weitem nicht herankam. Wenn der Norddeutsche Lloyd zunächst trotzdem — unterstützt von seinem guten Ruf und seiner während des Weltkrieges einigermaßen arbeitsfähig gebliebenen ausgezeichneten Auslandsorganisation — in der Lage war, seinen ostasiatischen Dienst einigermaßen wirtschaftlich zu betreiben, so wurde dieses nach und nach immer schwieriger, ja schließlich zur Unmöglichkeit, da seitens der ausländischen Schiffahrtsgesellschaften immer schnellere und besser ausgestattete Schiffe in diesen Dienst eingestellt wurden. Wollte der Norddeutsche Lloyd also diesen für ihn bedeutsamen Dienst aufrechterhalten, der für die zukünftige Entwicklung der gesamten Weltwirtschaft und damit auch für die deutschen Schiffahrtsbelange sehr aussichtsreich ist, so blieb ihm nichts weiter übrig, als neue Schiffe in Dienst zu stellen, die den Wettbewerb mit den ausländischen Schiffen in jeder Hinsicht aufnehmen konnten.

Allerdings konnte diese Erkenntnis bei der äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sich die deutsche Wirtschaft heute befindet, erst in die Tat umgesetzt werden, als sich unsere nationalsozialistische Regierung dazu entschloß, den wagemutigen deutschen Reedern durch Schaffung von Erleichterungen im Rahmen der Verordnung zur Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Inbaugabe der geplanten Schiffe zu ermöglichen. So entstanden die Schnelldampfer „Scharnhorst", „Potsdam" und „Gneisenau".

Grundsätzliche Überlegungen für den Bau der Schiffe
Wenn die neue Schiffsklasse den Wettbewerb mit den ausländischen Schiffen erfolgreich aufnehmen sollte, so mußte sie drei Hauptbedingungen erfüllen:

1. Sie mußte über eine Geschwindigkeit verfügen, die es ermöglicht, die Fahrgäste in mindestens der gleichen Zeit zu befördern, wie die fremden Schiffe es vermögen. Bei dem in Aussicht genommenen vierwöchigen Dienst, der mit drei gleichwertigen Schiffen durchgeführt werden kann, muß die Fahrtdauer auf der Strecke Genua - Shanghai auf die kurze Zeit von 23 Tagen bemessen werden.

2. Mit Rücksicht auf die große Bedeutung, die dem Frachtverkehr   auf   der   ostasiatischen   Linie   zukommt, mußten die Schiffe genügend große,   zahlreiche,   zweckmäßig eingerichtete und unterteilte Laderäume erhalten, um den verschiedenartigen  Wünschen  und  Bedürfnissen der Verlader weitestgehend entsprechen zu können; weiterhin mußten Einrichtungen getroffen werden, die ein denkbar schnelles An- und Vonbordgeben der Ladung in den zahlreichen  Zwischenhäfen   ermöglichen,   damit  die   vorgesehene kurze Reisedauer eingehalten und wirtschaftlich durchgeführt werden kann.

3. Bei den hohen Anforderungen, die die Reisenden auf der ostasiatischen Linie dank der maßlosen Verwöhnung
durch die nach und nach mit immer größeren Bequemlichkeiten ausgestatteten ausländischen Schiffe heute hinsichtlich ihrer Unterbringung und Unterhaltung stellen, mußten Aufenthalträume geschaffen werden,   die   in   keiner Weise hinter den besten vorhandenen zurückstehen.

Unter Zugrundelegung dieser drei Bedingungen ergaben sich folgende Hauptabmessungen und Hauptangaben für diese Schiffsklasse:
Länge über alles    .            198,725 m
Länge in der Tiefladelinie    190,675
Länge zwischen den Loten 186,000
Breite über Spanten         22,50
Seitenhöhe bis B-Deck   .13,70
Konstruktionstiefgang       8,80
Wasserverdrängung     24250  t
Gesamttragfähigkeit    11000  t

rd. 18 300 BRT
21 Kn 26 000 PS


Äußere Form und Einteilung der Schiffe
Eine Beschreibung der schiffbaulichen Einrichtungen des Dampfers „Scharnhorst" ergibt auch im großen und ganzen ein zutreffendes Bild über die Einrichtungen der neuen Schiffsklasse.
Das Schiff entspricht in allen seinen Teilen den auf der ostasiatischen Linie in Frage kommenden Vorschriften, insbesondere natürlich auch denen des Internationalen Schiffs-Sicherheitsvertrages von 1929 und den dazu erlassenen reichsgesetzlichen Verordnungen und Vorschriften. Es besitzt Doppelschraubenantrieb, Flachkiel, Doppelboden in ganzer Länge, stark ausfallenden Vorsteven, Kreuzerheck, zwei Schlingerkiele, Wellenhosen, zwei Pfahlmasten, einen Schornstein, drei durchlaufende und fünf teilweise durchlaufende Decks sowie Aufbaudecks; ferner drahtlose Telegraphie, Bauart Telefunken, hydraulisch - pneumatische Schottenschließvorrichtung, Unterwasser-Schallhöranlage, Funkpeiler und Echolot.
 

Die äußere Form des Dampfers „Scharnhorst" ist im Vorschiff grundverschieden von der bisher bei Fracht- und Fahrgastschiffen ähnlicher Größe üblichen. Das Vorschiff erhielt in Verbindung mit dem weit ausfallenden Vorsteven eine keilspantige Form, die in gemeinsamer Arbeit der A.-G. Weser mit der Maierformgesellschaft entwickelt ist. Man erwartet — was übrigens auch schon eingehende Modell - Schleppversuche ergeben und auch zahlreiche Beispiele in der Praxis bestätigt haben — von dieser Form vor allem eine Dämpfung der von den Fahrgästen sehr unangenehm empfundenen Stampfschwingungen, aber auch eine Verbesserung der Fahrgeschwindigkeit, namentlich in schlechtem Wetter. Im Gegensatz zu dieser Form des Dampfers „Scharnhorst" ist bei dem in Hamburg erbauten Schwesterschiff „Potsdam" eine steilspantige Form in Verbindung mit einem ausgeschärften hohlen Unterwasser-Vorschiff mit Wulstbug gewählt worden, die neuerdings auch mehrfach Anwendung findet. Auf diese Weise ist die wertvolle Möglichkeit gegeben, aus der Praxis heraus mit zwei gleichartigen Schiffen in natürlicher  Größe Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse vergleichsweise auszuwerten.
Kennzeichnend für die wuchtige und zugleich elegante Form des Dampfers „Scharnhorst" sind ferner der große und dicke Schornstein sowie das ungewöhnlich hohe Promenadendeck I. Klasse (3,6m), das vorn durch die bis an die Außenhaut des Schiffes ausgebaute 4,5 m hohe Festhalle der I. Klasse bastionartig ausgebildet erscheint.
Die innere Einteilung erfolgte zunächst unter Berücksichtigung einer möglichst weitgehenden Schwimmfähigkeit des Schiffes bei Leckschäden durch entsprechend verteilte wasserdichte Schotte; dafür sind im Internationalen Schiffs-Sicherheitsvertrag ganz neuartige, den Erfahrungen weitgehend angepaßte Vorschriften erlassen. In den Unterräumen des Mittelschiffes sind wie üblich die Antriebanlage und Bunkerräume für den Treibstoff untergebracht, während Vor- und Hinterschiff die Laderäume enthalten. Alle diese Räume werden im großen und ganzen durch das Schottendeck, d. h. das Deck, bis zu dem die wasserdichten Schotten reichen, nach oben hin aty schlössen.
Oberhalb des Schottendecks zieht sich dann in ganzer Schiffslänge noch ein Schutzdeck hin, in dem die Wohn-und Aufenthalträume des größten Teiles der Besatzung sowie die Kammereinrichtung der Touristenklasse untergebracht sind. Der große Mittelschiffsaufbau enthält in zwei übereinanderliegenden geschlossenen Brückenhäusern den Hauptteil der Kammereinrichtung L Klasse, sodann auf dem Hauptpromenadendeck und darüber die gemeinschaftlichen Aufenthalträume für die Fahrgäste der I. Klasse. Daran schließen sich rückwärts die entsprechenden Räume für die Touristenklasse an. Der vordere Teil des Mittschiffsaufbaus trägt ganz oben den Kommandostand und die Wohnräume für die Offiziere; mittschiffs im Deckhaus auf dem oberen Promenadendeck sind noch einige Kammern I. Klasse vorgesehen.
Bei der Einrichtung des Schiffes ist vor allem auf die Anforderungen der Tropenfahrt Rücksicht genommen worden. Außergewöhnlich hohe und luftige Decks sowie die Anlage der geräumigen Wohn- und Aufenthalträume — vor allem auch derjenigen der Besatzung — an der Außenhaut des Schiffes möglichst hoch über Wasser, so daß die Fenster auch bei schlechterem Wetter noch offen gehalten werden können, sind der Ausdruck hierfür. Ferner sorgen weitgehende künstliche Lüftung im ganzen Schiff und große freie Deckflächen, für den Aufenthalt im Freien sowie für Spiel- und Sportbetätigung, für das Wohlbefinden der Fahrgäste und Besatzung,
Fahrgasteinrichtungen der I. Klasse
Die Kammereinrichtung der I. Klasse zeigt folgende kennzeichnenden Merkmale: die Grundfläche in allen zwei- und einbettigen Kammern ist außergewöhnlich groß. Fast sämtliche Zimmer haben Bad oder Brause und Abort. Die hauptsächlichsten Kammereinrichtungen sind: große, feinpolierte Hartholzbettstellen (abwechselnd Mahagoni, Nußbaum und Kirschbaum) von 2 m Länge und l m Breite, geräumige begehbare Schrankräume, wie sie erstmalig auf den Schnelldampfern „Bremen" und „Europa" nach dem bewährten amerikanischen Vorbild eingeführt wurden, für jeden Zimmerbewohner eine geräumige Kommode und ein Waschtisch mit fließendem kalten und warmen Süßwasser sowie ein Frisiertisch mit großem Wandspiegel. In der Mitte des Zimmers steht ein Tisch, der zur Einnahme des Frühstücks und auch zum Schreiben geeignet ist. Die Fenster in der Außenwand sind 400 X 500 mm2 groß, um Pivot-Zapfen drehbar und in jeder gewünschten Lage feststellbar. Dazu kommen künstliche Lüftung mittels des in England erfundenen und in der Großschiffahrt mit großem Erfolge eingeführten Punkah-Louvre-Verfahrens, elektrische Beleuchtung, wobei selbstverständlich die Leselampe über dem Bett nicht fehlt, eine Lichtsignalanlage zum Herbeirufen der Bedienung, Fernsprechanlage zum Verkehr der Fahrgäste untereinander, mit den wichtigen Schiffsstellen und bei den Hafenliegezeiten für den Verkehr mit dem Lande. Ausreichender und zweckmäßig angeordneter Platz für Schrankkoffer und elektrische marmorumkleidete Heizkörper vervollständigen die Einrichtung. Verbindungstüren zwischen einer großen Anzahl benachbarter Kammern ermöglichen das Zusammenwohnen von größeren Familien. Vier mit besonderem Luxus ausgestattete Wohnungen bestehen aus Salon, Schlafzimmer, Vorplatz und zwei Bädern. Der Salon ist so eingerichtet, daß er allabendlich ohne Schwierigkeiten als vollwertiges Schlafzimmer eingerichtet werden kann.
Die gemeinsamen Aufenthalträume der I. Klasse liegen auf dem Hauptpromenadendeck. Den Mittelpunkt für das gesellschaftliche Leben an Bord bildet die 23 m breite, 14 m lange und 4,5 m hohe Festhalle, die mit ihren 22 Fenstern von 2,2m Höhe und 1,2m Breite und ihrer lichten, festlichen Ausschmückung einen großartigen Eindruck macht. Sie ist von dem großen, mit elektrisch angetriebenem Personenaufzug ausgestatteten Haupttreppenhaus L Klasse aus zugänglich, an das sich nach hinten, durch breite Gänge erreichbar, das auf Steuerbord liegende Schreibzimmer mit Bibliothekschrank und auf Backbordseite eine Bar anschließt. Von diesen beiden Räumen aus gelangt man weiter in das gemütliche, etwa einer Halle aus einem nordischen Herrenhaus entsprechende Rauchzimmer, und von hier aus über das hintere Treppenhaus in den hellen luftigen Speisesaal, mit nach hinten anschließendem Kinderspeise- und -Spielzimmer.
Gemälde, Gobelins und Schnitzereien namhafter deutscher Künstler geben allen Räumen ein vornehmes Aussehen. Die Entwürfe der Ausstattung stammen von dem Bremer Architekten Woldemar Brinkmann, einem langjährigen Mitarbeiter des leider viel zu früh verstorbenen Architekten Paul Ludwig Troost, München, dem der Norddeutsche Lloyd die meisten seiner hochwertigen Schiffsausstattungen verdankt. Auf dem oberen Promenadendeck sind weiterhin eine Sportklause und außerordentlich geräumige Sportplätze für die Fahrgäste I. Klasse, sowie darüber ein Schwimmbad mit Platz für Freiluftgymnastik, ferner eine Turnhalle, eine Bar, und ein besonders zugänglicher Kinderspiel- und Liegeplatz angeordnet.

Fahrgasteinrichtungen der Touristenklasse
Die Einrichtungen für die Touristenklasse tragen ebenso wie die der I. Klasse den neuzeitlichen Bequemlichkeitsansprüchen Rechnung; sie sind in der Ausführung nur etwas einfacher gehalten. Die Kammern sind für l, 2,3 oder 4 Fahrgäste eingerichtet und fast alle dem unmittelbaren Tageslicht durch Fenster an der Außenhaut zugänglich. Sie liegen sämtlich oberhalb des Schottendecks, was insofern eine große Verbesserung gegen früher bedeutet, als jetzt auch in dieser Klasse die Möglichkeit besteht, bei weniger günstigem Wetter noch die Fenster zur Lüftung offen zu halten. Die Kammern sind ausgestattet mit sehr bequemen und breiten bettartigen Kojen, geräumigen Kleiderschränken und Kommoden sowie mit Waschtischen mit fließendem kalten und warmen Süßwasser wie in der I. Klasse. Zahlreiche Bäder und Brausen ermöglichen es jedem Fahrgast, sein tägliches Bad zu nehmen, was gerade für die Tropenfahrt eine sehr geschätzte Einrichtung bedeutet. Auch auf eine umfangreiche und gut gelüftete Abortanlage ist großer Wert gelegt.
An gemeinsamen Aufenthalträumen stehen der Touristenklasse ein Speisesaal, eine sehr geräumige Halle, ein Damenzimmer und ein Kinderspielzimmer sowie eine Laube zur Verfügung, die auf dem geräumigen und gut geschützten Promenadendeck angeordnet sind. Die bequem und geschmackvoll eingerichteten und ausgestatteten Hallen sind ebenfalls nach den Entwürfen des Architekten Brinkmann ausgeführt. Außerdem dient für den Aufenthalt der Fahrgäste dieser Klasse im Freien noch eine große, obere Promenade.

Einrichtungen für die Besatzung
Wie die Fahrgasträume neuzeitliche und behagliche Einrichtungen zeigen, so hat man vor allem bei den Einrichtungen für die Besatzung dem durch unsere nationalsozialistische Weltanschauung geschärften sozialen Empfinden in jeder denkbaren Weise Rechnung getragen. Die Besatzung ist ebenfalls nur in den oberen Schiffsräumen untergebracht, und selbst den unteren Besatzungsgruppen gab man nur noch mäßig, nämlich mit höchstens 8 bis 10 Mann belegte, geräumige und mit allen notwendigen Einrichtungsgegenständen aufs beste versehene Wohnräume. Sie liegen sämtlich an der Außenhaut des Schiffes und sind durch Fenster dem unmittelbaren Tageslicht zugänglich sowie natürlich zu lüften; außerdem sind sie noch an die künstliche Lüftung angeschlossen. Dazu gehören zweckmäßig verteilte Aborte, Bade-, Brause- und Waschräume. Als besondere Neuerung ist eine große Gemeinschaftsmesse für die gesamte Besatzung zu erwähnen, die zur Pflege des Gemeinschaftgedankens und der Kameradschaft dient. Dies gibt gleichzeitig die beste Bürgschaft für einen sicheren Schiffsbetrieb und das Wohlbefinden der Fahrgäste an Bord.


Wirtschaftseinrichtungen
Für die Verpflegung der Fahrgäste und Besatzung an Bord sind umfangreiche, auf Grund der langjährigen Erfahrungen des Norddeutschen Lloyd in dem von ihm stets mit besonderer Sorgfalt gepflegten Verpflegungsdienst zweckmäßig angelegte und eingerichtete Wirtschaftsräume vorhanden. Sie liegen in unmittelbarer Nähe der zugehörigen Speiseräume und sind mit den unten im Schiff angeordneten Mundvorraträumen durch elektrisch angetriebene Aufzüge verbunden.


Allgemeine Einrichtungen
Für die Krankenfürsorge an Bord stehen umfangreiche und zweckmäßig eingerichtete Räume zur Verfügung, u. a. ein Operationsraum, eine Apotheke, ein Untersuchungs- und ein Wartezimmer für den behandelnden Arzt.
An Sonderräumen sind eine Waschanstalt nebst Plätterei, Barbier- und Frisierräume, Büros für Oberstewards und Zahlmeister, eine geräumige Druckerei, Dunkelkammern und photographische Arbeitsräume, eine Buchhandlung, Verkaufsstände usw. vorhanden; auch fehlt selbstverständlich nicht ein feuersicher umkleideter Film-Vorführungsraum.

Frachträume und Ladeeinrichtungen
Bei Anlage der Ladungeinrichtungen wurde, wie schon eingangs erwähnt, Rücksicht auf die auf der ostasiatischen Linie vorliegenden besonderen Verhältnisse und auf möglichst pünktliche und schnelle Bearbeitung der Ladung selbst genommen. Außer den Räumen für die gewöhnliche Ladung, für die zwei besonders lange (21,5 m) und hohe Räume mit 11 m langen und 5,5 m breiten Luken zur Aufnahme von sperrigen und schweren Gütern vorgesehen sind, verfügt das Schiff über eine besondere Abteilung für die Beförderung leicht verderblicher und daher künstlich zu kühlender Ladung. In fünf verschiedenen Räumen mit einem Gesamtfassungsvermögen von 1400 m3 können mittels Solekühlung und ruhender Luft Temperaturen bis zu —15 ° für gefrorene Ladung und mittels Luftkühlung die Temperatur von 0 ° für Obst und dergl. erzeugt und gehalten werden.
Eine besondere Rolle spielt auf der Ostasienfahrt auch die Beförderung von verschiedenen Süßölen usw. Hierfür sind zwei Süßölbehälter von je 290 m3, zwei weitere von je 195 m3 Inhalt eingerichtet--; außerdem sind noch vier Behälter zur Mitnahme von Holzölen, und zwar zwei zu 80 m3, einer zu 50 m3 und einer zu 45 m3, vorgesehen. Alle diese Behälter können unabhängig von einander gelöscht und geladen werden. Schließlich wurden noch verschiedene Räume für wertvolles Verschlußgut eingerichtet.
Alle diese verschiedenen Laderäume werden von einem sehr reichen Ladegeschirr bearbeitet. So sind für Schwergut ein 501- und ein 25 t-Baum vorhanden. Für mittelschweres Ladegut sind vier lOt-Bäume vorgesehen, die auch für gewöhnliche Ladung benutzt werden können, und für gewöhnliche Stückgutladung außerdem noch 18 Ladebäume von je 3 bis 5t Tragfähigkeit. Alle diese Ladebäume werden von 22 elektrisch angetriebenen Ladewinden neuster Bauart, die die Atlas-Werke, Bremen, geliefert haben, betrieben. Die Winden zeichnen sich namentlich durch eine große Hubgeschwindigkeit, gute Regelung des Motors, sichere Bremswirkung, geräuschlosen Gang, geringen Platzbedarf und einen sicheren, störungsfreien und wirtschaftlichen Betrieb aus.
Für das Befördern von Post und das Unterbringen des Fahrgastgepäcks sind Einrichtungen in genügender Größe und in Verbindung mit besonderen elektrischen Aufzügen geschaffen.


Besondere Schiffseinrichtungen
Die elektrische Anlage für den Schiffsbetrieb Ist außerordentlich umfangreich und leistungsfähig ausgestattet. Es stehen hierfür zur Verfügung vier Gleichstrom-Nebenschluß-Stromerzeuger mit je 675 kW Leistung bei 230 V, angetrieben von Hochdruck-Getriebeturbinen der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft, Berlin; ferner in einer wasserdicht abgeschotteten Zentrale für besondere Fälle und für den Hafenbetrieb zwei Gleichstrom-Nebenschluß-Stromerzeuger von je 350 kW und 230 V, von kompressorlosen Dieselmotoren der Maschinenfabrik Augsburg - Nürnberg angetrieben, und schließlich als Notanlage! ein 75 k W-Stromerzeuger mit ebenfalls 230 V Spannung, Die Hauptschaltanlage ist einpolig, wie es bei neuen Schiffen heute üblich ist. Das Schiff ist mit einer weitgehenden l elektrischen Beleuchtung und Notbeleuchtung ausgestattet; außerdem ist der größte Teil der Hilfsmaschinen und sonstiger mechanisch betätigter Geräte elektrisch angetrieben.
Ein weitgehendes   Rohrleitungsnetz   in Verbindung mit Pumpen, bestehend aus Deckwasch- und Wasser - Feuerlöschleitung, Kalt- und Warm-Seewasserleitung, Kalt- und Warm- Süßwasserleitung, ist vorgesehen; außerdem zum Zwecke der Feuersicherheit, hauptsächlich in den verschlossenen Räumen, eine CO2-Feuerlöschanlage in Verbindung mit einer optischen und akustischen Rauchmeldeanlage und eine ganz neuzeitliche Luftschaum - Feuerlöscheinrichtung im Bereich der Wohndecks.
Für einen sicheren Fahr- und Manövrierbetrieb des Schiffes sind eine elektrische Rudermaschinenanlage neuster Bauart, sowie kräftige A n k e r -, Ankerspill- und Verholeinrichtungen vorgesehen.
Für Kühlung der verderblichen Ladung und des verderblichen Mundvorrats, sowie für die Erzeugung von Klareis, ist eine neuzeitliche Kühlmaschinenanlage in mehreren voneinander unabhängigen Sätzen eingebaut und so bemessen, daß selbst bei Ausfall eines Kühlmaschinensatzes die erforderliche Kühlleistung der Anlage gewährleistet bleibt.
Die Einrichtungen für die Führung und Sicherung des Schiffes bestehen aus einer Kreiselkompaßanlage in Verbindung mit Magnetkompassen sowie einer funkentelegraphischen Anlage; sie sind nach den neusten auf diesem Gebiete gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen hergestellt. Mit der weiter vorhandenen hydraulisch-pneumatischen Schottenschließanlage lassen sich bei Eindringen von Wasser in das Schiff durch Druck auf einen Knopf auf der Kommandobrücke innerhalb weniger Augenblicke sämtliche wasserdichten Türen im Schiff zur gleichen Zeit schließen.

Daß mit Rücksicht auf die in den letzten Jahren auf großen Fahrgastschiffen einiger Länder vorgekommenen Brandunglücke die Einrichtungen für den Feuerschutz ganz besonders umfangreich getroffen worden sind, bedarf bei der bekannten Einstellung des Norddeutschen Lloyd zu dieser wichtigen Frage wohl kaum besonderer Erwähnung. Außer den bereits erwähnten Feuerschutzeinrichtungen und den weiter selbstverständlich vorhandenen Einrichtungen für Feuererkennung» Feueralarm usw. soll nur noch hervorgehoben werden, daß der Norddeutsche Lloyd bei den drei Schiffen der „Scharnhorst" - Klasse auch weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus noch für eine besonders weitgehende Unterteilung der Schiffe in der Längsrichtung durch sehr eng gestellte, durch Bimsbetonplatten usw. stark isolierte Feuerschotte Sorge getragen hat. Außerdem wurde ein größerer Versuch mit der Verbesserung der Feuersicherheit der bei Fahrgastschiffen bekanntlich in großem Umfange verwendeten Sperrholzplatten gemacht, indem im Mittelschiff an Stelle der bisher üblichen Sperrholz-Stäbchenplatten in Kaseinverleimung die ganz neue sog. Multiplexplatte in Tego-Verleimung verwandt wurde, die nach eingehenden Laboratorium-Versuchen beim Norddeutschen Lloyd neben praktisch fast unbegrenzter Haltbarkeit eine große Widerstandsfähigkeit selbst gegen starken Feuerangriff zeigt.

Zum Schluß ist noch der Rettungseinrichtungen zu gedenken. Hier haben die schon bei den Schnelldampfern „Bremen" und „Europa" eingeführten bewährten Burmester-Rettungsboote, die praktisch unsinkbar und unkenterbar sind, Anwendung gefunden. Die Abgleitvorrichtung an der Außenhaut hat hier noch eine Verbesserung dahingehend erfahren, daß sie in Verbindung mit Rollen auch ein sicheres Fieren der Boote selbst bei großer Schräglage des Schiffes ermöglicht. Ebenso sind die übrigen Rettungseinrichtungen, wie die nach bewährten Ausführungen des Norddeutschen Lloyd angefertigten Kapok-Rettungsgeräte und -Schwimmwesten, in wirksamer und zweckentsprechender Art vorhanden.
Eine besondere Weihe erfuhr der neue Dampfer „Scharnhorst" dadurch, daß am 4. Mai 1935, am Tage nach der offiziellen Abgabeprobefahrt des Schiffes durch die Werft an den Norddeutschen Lloyd, der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler, der bekanntlich schon durch seine Teilnahme an dem am 14. September 1934 erfolgten Stapellauf des Schiffes großes Interesse an dem Schiff gezeigt hatte, durch eine längere Fahrt mit ihm in See seiner engen Verbundenheit mit dem seeschiffahrttreibenden Teil des deutschen Volkes und seiner Entschlossenheit, der um ihren Bestand hart ringenden deutschen Reederei nach besten Kräften zu helfen, sinnfälligen Ausdruck verlieh.
So darf die deutsche Seeschiffahrt hoffen und erwarten, daß es ihr unter der tatkräftigen Förderung durch den Führer Adolf Hitler und seine nationalsozialistische Regierung gelingen wird, auch auf dem so wichtigen ostasiatischen Verkehrswege wieder, wie einst, ihre Flagge zu Ruhm, Anerkennung und Geltung zu bringen.

Auszug aus: VDI Zeitschrift, Bd. 79, Nr. 36, vom 7.Sept. 1935, S.1085 - 1088

 

Ostasien-Schnelldampfer „Potsdam"
Maschinentechnische Einrichtungen
Von Direktor Berthold Bleicken VDI, Hamburg
Die Entwicklung im Schiffbau kennt keinen Stillstand, und der Wagemut der deutschen Schiffahrt treibenden Kreise ist trotz der ungünstigen wirtschaftlichen Lage nicht gebrochen. Das zeigt der Neuaufbau der deutschen Ostasienflotte, für die die Schiffe „Scharnhorst", „Potsdam" und „Gneisenau" gebaut worden sind bzw. gebaut werden. Die neuen Wege, die der deutsche Schiffbau hier beim Antrieb der Schiffe „Scharnhorst" und „Potsdam" gegangen ist, werden für den Dampfer „Potsdam" besprochen. Die Anwendung hochgespannten Dampfes ist für deutsche Schiffe dieser Größe neuartig, und außerdem ist es das erste Mal, daß deutsche Seeschiffe turboelektrischen
Antrieb erhalten.

Für die Ostasienfahrt waren in den  letzten Jahren von verschiedenen ausländischen Reedereien hochwertige Fahrgastschiffe   in Dienst   gestellt,   denen   Deutschland nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.    Das  Gebiet Ostasien ist aber so  groß,   und   seine   Bedeutung steigt von Jahr zu Jahr, daß   es von allen   Seiten    begrüßt  wurde,   als die Hamburg-Amerika Linie und der   Norddeutsche Lloyd  sich   zu   je einem Neubau (Fahrgast-Frachtschiff) für diesen Dienst entschlossen und der Norddeutsche Lloyd kurze Zeit später ein weiteres Schiff der gleichen Klasse in Auftrag gab. Das Schiff der Hamburg-Amerika Linie erhielt den Namen „Potsdam", die beiden Schiffe des Norddeutschen Lloyd die Namen „Scharnhorst" und „Gneisenau". Nach der Neuorganisation in der deutschen Groß Schiffahrt wurde im Interesse eines einheitlichen Dienstes nach Ostasien später auch der Dampfer „Potsdam" dem Norddeutschen Lloyd zugesprochen.
Die Schiffe mußten, um den Vergleich mit den Auslandsschiffen aushalten zu können, in den Fahrgasteinrichtungen erstklassig ausgestattet werden. Gleichzeitig müssen es gute Ladungsschiffe sein, um die hochwertige Fracht, die stets zu den schnellsten Schiffen hindrängt, in ausreichenden Mengen befördern zu können. Eine Geschwindigkeit von 21 Kn entspricht dem, was für diese Fahrt heute als unbedingt notwendig, aber auch als ausreichend angesehen werden muß. Man soll nicht aus reiner Hochleistungssucht die Geschwindigkeit von Schiffen hochtreiben wollen. Auf langen Reisestrecken, wie nach Ostasien, ist die höhere Geschwindigkeit jedoch ein sehr geschätzter Zeitgewinn. Wichtig ist aber vor allem, daß noch die Möglichkeit einer Leistungssteigerung vorhanden ist, damit der Fahrplan auch unter ungünstigen Witterungsbedingungen aufrechterhalten werden kann.
Mit der vorgesehenen Marschgeschwindigkeit der neuen deutschen Schiffe läßt sich ein Fahrplan aufbauen, wonach jedes Schiff vier Reisen im Jahre ausführen kann. Da für den Ostasien-Schnelldienst drei Schiffe gleicher Klasse vorgesehen sind, wird also jeden Monat je ein Schiff abfahren und ankommen. Hierbei ist es auch möglich, größere Strecken mit verminderter Geschwindigkeit zu fahren. So kann die Fahrt von Hamburg bis Genua, dem eigentlichen Abfahrtshafen für die Reisenden nach Ostasien, mit 17 Kn durchgeführt werden, was eine recht erhebliche Ersparnis an Heizöl bedeutet.
Für die Schiffe wurde nach eingehenden Schleppversuchen in der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt eine effektive Maschinenleistung von 26000 PS festgelegt, worin schon eine gewisse Reserve liegt, die nach den bisherigen Reiseergebnissen rd. 15 % beträgt. Außerdem kann aber die Leistung noch um
10 % gesteigert werden, da die Düsen der Höchstdruckturbinen reichlich bemessen sind. Wird eine weitere Steigerung der Leistung verlangt, so läßt sich durch Erhöhen des Kesseldrucks auch dieses ermöglichen, zumal die Stromerzeuger und Schraubenmotoren so reichlich bemessen sind, daß auch eine Überlast von 25 % keine unzulässigen Erwärmungen des elektrischen Teils bringen würde.

Ein- oder Zweischrauben-Antrieb?
Zwei Maschinen von je 13 000 PSe und zwei Schrauben wurden vorgesehen, weil man für ein Fahrgastschiff auf die dadurch erhöhte Sicherheit nicht verzichten wollte, sodann aber auch wegen der besseren Manövrierfähigkeit in den Häfen. Ob in Zukunft dieser Standpunkt immer eingenommen wird, ist m. E. nicht ganz sicher. Es sprechen auch folgende Gründe dagegen: Zunächst ist der Propulsionswirkungsgrad beim Einwellenschiff etwa 5 % besser als beim Doppelschraubenschiff. Ferner steuert es besser, da das Ruder vom Schraubenstrom beaufschlagt wird, was sich besonders in engen Gewässern bemerkbar macht, wie im Suezkanal, wo man mit kleiner Geschwindigkeit fahren muß. Bei Doppelschrauben müßte man schon zu Doppelrudern, wie es bei dem Motorschiff „Königin Luise" geschehen ist, übergehen, um ähnliche Wirkungen zu erzielen.

Die Maschinenanlage beim Einschraubenschiff wird erheblich billiger, leichter und vielleicht auch noch etwas wirtschaftlicher. Die schlechtere Manövrierfähigkeit im Hafen spielt keine allzu große Rolle, da derartige Schiffe stets mit Schlepperhilfe arbeiten müssen. Es bleibt daher als wesentlicher Grund für das Zweischraubenschiff die erhöhte Sicherheit beim Bruch einer Welle oder beim Versagen einer der Hauptmaschinen.
Man darf aber nicht vergessen, daß die überwiegende Zahl der Schiffe — und darunter auch große Fahrgastschiffe — als Einschraubenschiffe mit Kolbenmaschinen oder Dampfturbinen fahren, ohne daß ernstliche Schwierigkeiten hieraus erwachsen sind. Wohl ist es vorgekommen, daß ein Schiff kurze Zeit stoppen mußte, um eine notwendige Ausbesserung vorzunehmen. Das ist aber ein Ausnahmefall, der sich auch bei Mehrwellenschiffen nicht immer vermeiden läßt. Ich erinnere daran, daß z. B. der italienische Schnelldampfer „Rex", der vier Wellen hat, auf seiner ersten Ausreise durch ganz außergewöhnlich unglückliche Umstände stundenlang manövrierunfähig auf offener See gelegen hat. Derartige Fälle darf man nicht verallgemeinern. Außerdem ist kein Grund vorhanden, die Sicherheit des Einwellenschiffes durch Verstärken der Wellen und zweckentsprechend ausgebildete Maschinenanlagen nicht gleich der eines Zweiwellenschiffes zu machen. Auch bei den Motorschiffen hat man anfangs, als noch keine genügenden Erfahrungen mit den Dieselmotoren vorlagen, stets Zweiwellenschiffe gebaut. Neuerdings geht man auch hier immer mehr zu Einwellenschiffen über.
Für alle drei Schiffe wählte man mit Rücksicht auf die große Maschinenleistung, und um ein erschütterungsfreies Schiff zu erhalten, Dampfantrieb, der unter Ausnutzung der neuesten Erfahrungen einen Ölverbrauch von rd. 250g/PSeh erwarten läßt. Man kommt also schon nahe an den Verbrauch der Dieselmotoren heran. Berücksichtigt man ferner den Preisunterschied zwischen Heizöl und Dieselöl, so ist der Dampfantrieb hinsichtlich der Brennstoffkosten dem Dieselmotor gleichwertig. Die Herstellungskosten sind auch nicht wesentlich verschieden. Die Instandhaltung der Maschinenanlage wird aber bei einem Motorschiff nach den bisherigen Erfahrungen mehr Personal erfordern und mehr Kosten verursachen, als bei einer Dampfturbinenanlage mit Kesselbetrieb. Es kommt hier die Überlegenheit der umlaufenden gegenüber der Kolbenmaschine hinsichtlich der Instandhaltungsarbeiten zur Geltung.
Triebturbinen oder turboelektrischer Antrieb?
Anfangs waren für den Dampfer „Potsdam", Abb. l, der auf der Werft von Blohm & Voß, Hamburg, erbaut wurde und für den die Siemens-Schuckertwerke, Berlin, in Zusammenarbeit mit der Werft die m a -s c h i n e n t e c h n i s c h e Anlage geliefert haben, Triebturbinen vorgesehen. Der Dampf sollte in vier Bensonkesseln erzeugt werden, nachdem man auf dem Dampfer „Uckermark" in mehr als vierjährigem Betrieb Erfahrungen mit dieser Kesselart sammeln konnte3). Da es sich auf der „Uckermark" gezeigt hatte, daß man diese Kessel nicht unbedingt mit dem kritischen Druck betreiben muß, wurde der Kesseldruck für den Dampfer „Potsdam" auf 90 at abs festgesetzt, während die Turbinen mit 80 at abs und 470 ° fahren sollen.

Potsdam 1935 -001
Bei der weiteren Prüfung trat man auch der Frage näher, ob statt der Triebturbinen eine turboelektrische Anlage eingebaut werden sollte. Bisher hatte man davon Abstand genommen, weil die mit der elektrischen Übertragung verbundenen Verluste und die zusätzlichen Kosten so hoch waren, daß eine solche Maßnahme nicht gerechtfertigt erschien. Bei der näheren Durchrechnung zeigte sich jedoch, daß ein Unterschied im Brennstoffverbrauch bei beiden Antriebsarten nicht besteht. Der Wirkungsgrad von Synchronmotoren ist so hoch, daß man für Stromerzeuger und Motor zusammen mit etwa 95 % rechnen kann, in die die Erregerverluste mit eingeschlossen sind. Demgegenüber fallen die Verluste des Zahnradgetriebes und der Rückwärtsturbinen fort. Die Zahnradgetriebe sind gewiß heute zur höchsten Vollkommenheit durchgebildet. Immerhin laufen sie nicht geräuschlos. Auch die Lebensdauer ist nicht immer sehr hoch. Bei den wechselnden Drehzahlen und den im Seegang unvermeidlichen Erschütterungen treten zeitweise doch erhebliche Störungen auf, die starken Verschleiß in den Zähnen verursachen und kostspielige Erneuerungen von Zahnrädern nötig machen4).
Auch die Rückwärtsfahrt ist häufig eine Quelle von Störungen, die man gern vermeidet. Beim turboelektrischen Antrieb ergibt sich eine Rückwärtsleistung von 100 %, während man sich bei den Triebturbinen mit 60% begnügen muß. Unter Umständen — wenn in außergewöhnlichen Fällen das Schiff schnell zum Stehen gebracht werden muß — kann dies allerdings ein gewisser Vorteil sein, wenn man ihn auch nicht zu hoch bewerten soll. Wichtig scheint mir jedoch vor allem zu sein, daß man den schroffen Temperatursturz beim Manövrieren, der bei Triebturbinen nicht zu vermeiden ist, beim turboelektrischen Antrieb nicht hat. Bei den hohen Dampfdrücken muß man auch mit hohen Temperaturen arbeiten, d. h. etwa 450 bis 470 ° vor den Turbinen. Wenn auch in den Hochdruckdüsen bereits Druck und Temperatur stark abfallen, so herrscht doch auch in dem sich drehenden Teil noch eine so hohe Temperatur, daß bei plötzlichem Umschalten auf den Dampfdruck des Kondensators der Temperatursturz bedenklich groß ist. Bei turboelektrischem Antrieb dagegen ändert sich die Turbinen-Drehrichtung auch bei Rückwärtsfahrt nicht, und weiterhin bleibt stets ein gewisser Dampfdurchsatz erhalten, so daß der Temperaturabfall sehr viel milder ist.
Ein weiterer Vorteil des turboelektrischen Betriebs ist noch, daß man jeden Stromerzeuger auf beide Schraubenmotoren schalten und somit auch bei halber Fahrt mit gutem Wirkungsgrad fahren kann....

Auszug aus : VDI Zeitschrift Bd. 79, Nr.32, v. 10.Aug. 1935, S 969 - 970